Mit dem Koalitionsvertrag 2025 legen CDU, CSU und SPD den Fahrplan für ihre Regierungsarbeit vor. Während einige der gesellschaftlichen Herausforderungen richtig identifiziert und beschrieben werden, bleibt der Vertrag in seinen Lösungsansätzen oft vage, widersprüchlich oder unambitioniert. Die inhaltlich nur selten nennenswerten Veränderungen, die die Koalition anstrebt, werden dabei in einer Fortschrittsrhetorik verpackt. Zentrale Zukunftsfragen werden angesprochen, aber nicht gelöst. In vielen Bereichen fehlt der strategische Gestaltungswille, stattdessen dominieren Verwaltungslogik, Kompromissformeln und das Denken in traditionellen Zuständigkeiten. Als Partei der Humanisten (PdH) betrachten wir diesen Vertrag aus der Perspektive einer rationalen, sozialliberalen und humanistischen Politik. Wir fragen nicht nur, was benannt wird, sondern ob es in eine echte Reformstrategie eingebettet ist. Unsere Bewertung folgt dem Anspruch: Politik muss orientieren, befähigen und Zukunft ermöglichen, nicht nur moderieren. Was uns fehlt, ist eine Regierung, die den Wandel gestaltet, anstatt ihn nur zu verwalten. Themenbereich: Wirtschaft, Industrie, Tourismus In ihrer wirtschaftspolitischen Ausrichtung setzen CDU, CSU und SPD auf einen widersprüchlichen Kurs zwischen Innovationsförderung und Strukturkonservatismus. Die starke Fokussierung auf Start-ups, digitale Infrastruktur, künstliche Intelligenz, Biotechnologie und Raumfahrt ist ausdrücklich zu begrüßen, ebenso die seit vielen Jahren immer wieder versprochene Entbürokratisierung bei Unternehmensgründungen sowie die Einrichtung von öffentlichen Investitionsfonds, die einmal staatlich aufgesetzt weitere private Geldgeber zum investieren motivieren sollen. Besonders positiv bewerten wir die geplanten gezielten Maßnahmen zum Umbau alter Industrieregionen, ein dringend notwendiger Schritt, um Regionen im Wandel aktiv zu begleiten, statt sie strukturell abzuhängen. Gleichzeitig zeigen die Koalitionspartner wenig Mut zur Abkehr von überholten Wirtschaftsstrukturen. Statt echte Innovationen mit klaren ökologischen und sozialen Leitplanken zu versehen, setzen sie weiter auf die massive Förderung etablierter Industrien wie Automobil, Stahl und Chemie in ihrer bisherigen Form, ohne ambitionierte Klimaziele, Nachhaltigkeitskriterien oder soziale Verantwortung. Unter dem Schlagwort „Technologieoffenheit“ wird der notwendige Wandel verwässert und konkrete Maßnahmen, etwa beim Umstieg auf emissionsfreie Mobilität, bleiben dürftig. Auch die Handelspolitik bleibt fest im exportorientierten Denken verankert, mit wenig Rücksicht auf globale Gerechtigkeit oder widerstandsfähige Lieferketten und eine starke Binnenwirtschaft. Themenbereich: Arbeit und Soziales CDU, CSU und SPD zeigen in ihrer sozialpolitischen Ausrichtung ein grundsätzliches Problembewusstsein, bleiben in ihren Antworten aber weitgehend im Rahmen klassischer Arbeitsmarktpolitik verhaftet. Die Maßnahmen zur Fachkräftesicherung wie die Anerkennung ausländischer Abschlüsse, die Erleichterung des Quereinstiegs und die bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie sind grundsätzlich zu begrüßen. Auch das geplante Familienbudget für haushaltsnahe Dienstleistungen kann bei kluger Ausgestaltung viele Haushalte spürbar entlasten. Positiv ist auch das Ziel, tarifgebundene, sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu fördern. Insgesamt fehlt jedoch ein wirkliches Zukunftsbild für die Arbeitswelt. Die Herausforderungen der Transformation wie Digitalisierung, Automatisierung und demografischer Wandel werden zwar benannt, aber nicht in ein zukunftsfähiges Modell gesellschaftlicher Teilhabe übersetzt. Innovative Konzepte wie eine lebensphasenorientierte Arbeitszeit, die 4-Tage-Woche oder neue Wege der sozialen Sicherung werden nicht als Versuchsmodelle in Betracht gezogen. Auch das Grundsicherung für Arbeitssuchende“ bleibt in seiner jetzigen Form ein unzureichendes Instrument, um soziale Sicherheit mit gesellschaftlicher Teilhabe zu verbinden. Statt Empowerment und individueller Entfaltung dominiert weiterhin eine Logik der ökonomischen Nützlichkeit. Als PdH unterstützen wir die angestrebte Stärkung guter Arbeit, kritisieren aber das Fehlen umfassender sozialliberaler Reformen. Die soziale Sicherung muss grundlegend reformiert werden: armutsfest, chancengerecht, menschenwürdig. Wir vermissen den Mut zu einem gesellschaftlichen Aufbruch, der den Menschen nicht nur als Arbeitskraft, sondern als mündigen Teil einer solidarischen Gesellschaft begreift. Themenbereich: Verkehr und Infrastruktur, Bauen und Wohnen Die Koalitionspartner erkennen die marode Infrastruktur, die Wohnungsnot und die Notwendigkeit einer klimafreundlichen Mobilität, aber die Antworten bleiben zu oft im Ansatz stecken. Der Wille zu mehr Investitionen in Schienen, Brücken und Straßen ist zu begrüßen, ebenso die geplanten Verbesserungen bei Ladeinfrastruktur, Planungsverfahren und Digitalisierung. Auch das Ziel, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, findet unsere Anerkennung. Der Einstieg in klimafreundliches Bauen und nachhaltige Mobilitätslösungen ist in Ansätzen erkennbar. Gleichzeitig fehlt eine klare Prioritätensetzung für den Wandel: Die Verkehrspolitik bleibt festgefahren in alten Technologiekonzepten und straßenlastig ‒ anstelle der längst überfälligen Priorisierung von Schienen-, Fuß- und Radverkehr. Die angekündigten Maßnahmen im Gebäudebereich bleiben diffus, die Miet- und Eigentumsfrage wird nicht ernsthaft angegangen. Die große Chance einer klimafreundlichen Infrastruktur, die sozialen Ausgleich mit ökologischer Verantwortung verbindet, wird nicht angestrebt. Statt mutiger Strukturreformen dominieren auch hier Einzelmaßnahmen und technische Lösungsrhetorik. Als PdH begrüßen wir das grundsätzliche Bekenntnis zu klimafreundlicher Mobilität und nachhaltigem Bauen. Was wir im Koalitionsvertrag vermissen, ist die sozial gerechte, ökologisch konsequente und planbare Gestaltung dieser Ziele. Es braucht eine Infrastrukturpolitik, die nicht nur nachholt, sondern vorausgeht und eine Wohnungspolitik, die nicht nur Märkte bedient, sondern Menschen im Blick hat. Themenbereich: Klima und Energie Union und SPD bekennen sich im Koalitionsvertrag zur Klimaneutralität und zum Ausbau der erneuerbaren Energien, ihre Strategie bleibt aber inkonsequent, unambitioniert und widersprüchlich. Der geplante Bürokratieabbau bei Wind- und Solarenergie ist ebenso richtig wie die Förderung der Wärmewende und der Energieeffizienz. Auch erste Ansätze für internationale Klimapartnerschaften und CO₂-Grenzausgleichsmechanismen sind bei konsequenter Umsetzung grundsätzlich sinnvoll, aber eben auch schon von Seiten der EU vorweggenommen. Was aber fehlt, ist ein klarer, verbindlicher Fahrplan zur Erreichung der Klimaziele: mit konkreten Jahreszahlen, gesetzlich fixierten CO₂-Budgets und einer klaren Absage an fossile Energieträger. Stattdessen dominieren vage Formulierungen, der Rückgriff auf Erdgas als Übergangslösung und eine in alten Konzepten verhaftete Energiepolitik des Hinhaltens.Der notwendige soziale Ausgleich, etwa durch einen Energie-Soli, bleibt unterentwickelt. Die Einbindung Deutschlands in eine globale Klimaverantwortung wird nur angedeutet, aber nicht strategisch verfolgt. Wir als PdH mahnen eine Klimapolitik an, die auf wissenschaftlicher Evidenz, sozialer Gerechtigkeit und globaler Verantwortung beruht. Es braucht verbindliche CO₂-Budgets, eine klare Dekarbonisierungsstrategie und eine gerechte Lastenverteilung. Was uns im Koalitionsvertrag fehlt, ist der politische Wille, das Klima nicht nur als Themenfeld, sondern als eine der zentralen Gestaltungsaufgaben der Zukunft zu begreifen. Themenbereich: Ländliche Räume, Landwirtschaft, Ernährung, Umwelt Die Koalitionsparteien erkennen im Koalitionsvertrag die Bedeutung der ländlichen Räume und die Herausforderungen in den Bereichen Landwirtschaft, Ernährung und Umweltschutz an, ihre Ansätze bleiben jedoch inkonsequent, rückwärtsgewandt und von Scheinlösungen geprägt. Der geplante Ausbau von Infrastruktur und medizinischer Versorgung in ländlichen Räumen ist grundsätzlich zu begrüßen, ebenso erste Maßnahmen gegen die Flächeninanspruchnahme und Lebensmittelverschwendung. Dennoch dominiert in der Agrar- und Umweltpolitik eine veraltete Sichtweise, die sich mehr an romantisierenden Leitbildern der ökologischen Landwirtschaft orientiert als an einer wissenschaftlich