Möchtest du rationale Politik in Bayern?

Wir, die Partei der Humanisten, treffen unsere politischen Entscheidungen immer auf Basis aller verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse. Intransparenten Lobbyismus und Klientelpolitik beugen wir so vor. Im Herzen sozial und liberal verleihen wir der Wissenschaft eine Stimme im politischen Geschehen. Wir stehen damit für eine offene, progressive und zukunftsgewandte Politik.

Bayerische Kandidaten und Programm Landtagswahl 2023

In 6 von 7 Regierungsbezirken konnten wir Wahlkreisvorschläge mit insgesamt 15 Direktkandidaten und 39 Listenkandidaten einreichen.

Unsere Kandidaten für Bayern

Unsere Kandidaten für Oberbayern

Conny Theimer
26 Jahre alt, Sprachtherapeutin

Direktkandidatin Wahlkreis 117: Freising
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cooky@mastodon.starfyre.de
@PdH_Bayern
Jörg Hannig
55 Jahre alt, Business Development Manager

Direktkandidat Wahlkreis 118: Fürstenfeldbruck-Ost
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@JoergHannig
Franz M Schaper
52 Jahre alt, Biochemiker / Ökonom
@PdH_Bayern
Max Körbächer
32 Jahre alt, IT-Berater

Direktkandidat Wahlkreis 102: München-Bogenhausen
@PdH_Bayern
Michael Landgraf
27 Jahre alt, Juniortrainer / Projektassistenz

Direktkandidat Wahlkreis 101: München-Hadern
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@PdH_Bayern
Franz Wagner
74 Jahre alt, Physiker, Chorleiter
@PdH_Bayern
Luca Sonnenburg
31 Jahre alt, Student
@PdH_Bayern
Leo Grupa
29 Jahre alt, Software-Entwickler
@PdH_Bayern
Dr. Tobias Fromme
45 Jahre alt, Hochschullehrer Biologie
@PdH_Bayern
Benjamin Meindl
23 Jahre alt, Informatiker
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@PdH_Bayern

Unsere Kandidaten für Unterfranken

Thomas Herter
37 Jahre alt, Berufsschullehrer (Biologie und Chemie)

Direktkandidat Wahlkreis 610: Würzburg-Stadt
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@PdH_Bayern
Samantha Fritzsch
33 Jahre alt, 3D-Design
@PdH_Bayern
Sebastian Schaidt
27 Jahre alt, Biologielaborant
@PdH_Bayern

Unsere Kandidaten für Mittelfranken

Name
27 Jahre alt, Systemadministrator
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@ClundXIII
Stephan Pühler
48 Jahre alt, Dipl.-Ing. Nachrichtentechnik

Direktkandidat Wahlkreis 510: Neustadt a. d. Aisch, Bad Winsheim, Fürth Land
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@FanTasMo
@PdH_Bayern
Paul Ritter
32Jahre alt, wissenschaftlicher Mitarbeiter
@PdH_Bayern
Jörg Dingfelder
57 Jahre alt, Arzt
@PdH_Bayern
Stephan Wiedenmann
24 Jahre alt, Student

Direktkandidat Wahlkreis 509: Fürth
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@PdH_Bayern
Thomas Lehmann
28 Jahre alt, Kaufmann

Direktkandidat Wahlkreis 508: Erlangen
@PdH_Bayern
Mirco Kramer
54 Jahre alt, Wirtschaftsingenieur (FH)

Direktkandidat Wahlkreis 505: Ansbach-Nord
@Mircomat
@Mircomat
@Mircomat
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Johannes Mederer
24 Jahre alt, Mechatroniker
@PdH_Bayern
Yvonne Schimonitschek
26 Jahre alt, Diplom-Finanzwirtin
@PdH_Bayern
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Unsere Kandidaten für Oberfranken

Frederic Forkel
22 Jahre alt, politischer Geschäftsführer

Direktkandidat Wahlkreis 404: Coburg
@frederic_forkel
Tim G. H. Böger
42 Jahre alt, IT-Support

Direktkandidat Wahlkreis 402: Bamberg-Stadt
@PdH_Bayern
Rafael Zwosta
24 Jahre alt, Diplom-Rechtspfleger
@PdH_Bayern
Patricia Böger
24 Jahre alt, Soziologin B.A.
@PdH_Bayern
Marcel Schnapp
30 Jahre alt, Physikingenieur
@PdH_Bayern
Tobias Kuhnlein
22 Jahre alt, Student (Angewandte Informatik)

Direktkandidat Wahlkreis 407: Kronach Lichtenfels
@PdH_Bayern

Unsere Kandidaten für Schwaben

Sascha Larch
55 Jahre alt, Ingenieur
@PdH_Bayern
Raphael Lachenmayer
25 Jahre alt, Qualitätssicherungskontrolleur
@PdH_Bayern
Dr. Patrick Gürtler
43 Jahre alt, Biologe

Direktkandidat Wahlkreis 702: Augsburg-Stadt-West
@PdH_Bayern
Alexander Hellmann-Schweikardt
26 Jahre alt, Student
@PdH_Bayern
Dr. Stoyan Velkov
40 Jahre alt, wissenschaftlicher Mitarbeiter
@PdH_Bayern

Unsere Kandidaten für die Oberpfalz

Daniel Radojevic
42 Jahre alt, Speditionskaufmann

Direktkandidat Wahlkreis 305: Regensburg-Stadt
@PdH_Bayern
Johannes Gössele
26 Jahre alt, Biologe
@PdH_Bayern
Max Pindl
26 Jahre alt, Student
@PdH_Bayern
Gerhard Hermann
59 Jahre alt, Rentner
@PdH_Bayern

Wahlprogramm für die bayrische Landtagswahl

1. Vorwort

Wir sind Humanisten und wollen für Bayern, Deutschland und Europa eine rationale und fortschrittliche Politik, die individuelle Freiheit und gesellschaftliche Verantwortung miteinander vereint. Dafür braucht es Veränderungen und neue Kräfte in der politischen Landschaft. Wir stehen für eine progressive Herangehensweise an die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts, die Fakten stärker berücksichtigt und überholte Dogmen und Strukturen überwindet. Unsere Welt ist im stetigen Wandel – wir sind überzeugt, dass auch die größten Herausforderungen unserer Zeit, namentlich der Klimawandel, eine nachhaltige Energiewende, soziale Spaltung und wachsender Populismus, konstruktiv, aufgeklärt und evidenzbasiert gemeistert werden können. Der Mensch mit seiner Fähigkeit zu rationalem Denken und seinem Verständnis für Umwelt und Mitmenschen steht im Mittelpunkt unserer Politik. Selbstbestimmung und Menschenrechte, Sicherheit und Freiheit, Möglichkeiten zur Entfaltung und Weiterentwicklung stehen für uns über Dogmen und Ideologien. Um eine Welt zu schaffen, in der all dies selbstverständlich ist, brauchen wir starke gemeinschaftliche Strukturen, die diese Prinzipien respektieren und schützen. Wir haben die Verantwortung, diese Welt zu gestalten, zu kommunizieren und dazu beizutragen, dass auch die schwächsten Mitglieder an der Gesellschaft teilhaben und sich entfalten können. Wir können uns selbst übertreffen – wir wollen die Neugierde, den Gestaltungswillen und den Forschergeist in unsere Mitte, unser gesellschaftliches Herz bringen. Wir haben keine Angst vor neuen Erkenntnissen und begegnen modernen Technologien offen und neugierig. Faktenbasiertheit und Enthusiasmus schließen sich nicht aus. Wir haben Lust auf die Zukunft und möchten sie aktiv und progressiv gestalten – mit Herz und Verstand! Wer nach den Sternen greifen will, braucht ein solides Fundament – in unserem Wahlprogramm zur Landtagswahl 2023 haben wir unsere Vision einer humanistischen Politik für Bayern als Teil Deutschlands und Europas festgehalten.

2. Bildung

Gute Bildung ist der Schlüssel für ein selbstbestimmtes Leben und gesellschaftliche Teilhabe. Sie ist der Motor für Innovation und Fortschritt in der Zukunft. Nach unserem humanistischen Grundverständnis hat jeder Bürger das Recht auf Chancengleichheit und Bildung, unabhängig von seiner sozialen Herkunft. Um dies zu erreichen, bedarf es erheblicher Investitionen in die Bildung, als Grundlage für nachhaltigen Wohlstand, Sicherheit sowie technologischen und gesellschaftlichen Fortschritt. Als Humanisten streben wir eine aufgeklärte Gesellschaft an, in der Bildung und Wissenschaft wesentlich zur persönlichen und gemeinschaftlichen Identität beitragen. Dazu brauchen wir ein einheitliches und gerechtes Bildungssystem, eine inklusive Bildungslandschaft und die Möglichkeit des lebenslangen Lernens. Die Qualität der Bildung und die Attraktivität der Lehr- und Wahlprogramm Landtagswahl Bayern 2023 5/32 Erziehungsberufe müssen wir steigern. Schüler und Studenten sollen zu kritischem Denken und wissenschaftlichem Arbeiten angeregt werden, um sich frei von dogmatischen Einflüssen selbstbestimmt entwickeln zu können.

2.1 Zukunftsorientierte Bildungsstandards

Bayern soll ein Standort für Wissenschaft und Innovation sein und bleiben. Die Forschung soll sich dabei an den globalen Problemen unserer Zeit orientieren und im Sinne einer aufgeklärten Gesellschaft wirken. Wir wollen, dass Bildung und Forschung in Bayern stets den besten Standards entsprechen. Wir möchten zudem ein einheitliches Bildungssystem schaffen, in dem jeder Schüler die Chance hat, den Bildungsweg einzuschlagen, der den eigenen Bildungsinteressen und Fähigkeiten entspricht, damit alle Potenziale in der Gesellschaft optimal zur Geltung kommen. Um lebenslange Bildung zu ermöglichen, fordern wir eine altersunabhängige finanzielle Unterstützung. Zu einer umfassenden Bildungsfinanzierung gehören auch die baulichen Strukturen und die Bezahlung der Lehrkräfte. In Bayern streben wir neben der Förderung der Forschung durch Bund und Länder auch eine gleichwertige Förderung der Lehre an. Neben der Ausweitung von Schüleraustauschprogrammen und dem Ausbau des Erasmus Programms wollen wir Lehrkräfte durch Fortbildungen und europäische Austauschprogramme kontinuierlich mit den aktuellen Forschungserkenntnissen in Didaktik, Methodik und Pädagogik vertraut machen. Sie sollen als Multiplikatoren zur Verbreitung dieser Inhalte in ihren Kollegien und zur Umsetzung in ihren Schulen beitragen. Darüber hinaus setzen wir uns für eine Angleichung der Bildungsstandards in Deutschland und Europa ein, um die Integration von Menschen aus anderen Ländern zu erleichtern.

2.2 Ethikunterricht

Derzeit wird an vielen öffentlichen Schulen noch der traditionelle Religionsunterricht mit dem Schwerpunkt auf der christlichen Weltanschauung erteilt. Das ist für uns nicht hinnehmbar, da das Grundgesetz die weltanschauliche Neutralität des Staates fordert. Zudem steht der bekenntnisorientierte, verpflichtende Religionsunterricht in Konkurrenz zu Werten wie Meinungsfreiheit, Selbstbestimmung, Gleichberechtigung sowie Religions- und Wissenschaftsfreiheit. Stattdessen sollte ein gemeinsamer Ethikunterricht den Schülern die notwendigen Kompetenzen vermitteln, um in einer modernen, offenen Gesellschaft unabhängig von religiösen Prägungen eigenverantwortliche, ethisch fundierte und aufgeklärte Entscheidungen treffen zu können. Deswegen fordern wir einen von allen Schülern gemeinsam zu besuchenden Ethikunterricht, der ethisch-philosophische Bildung vermittelt und alle Weltreligionen und Weltanschauungen neutral behandelt. Er wird dadurch zu einem starken Instrument der Wertevermittlung und Toleranzerziehung. Im Sinne eines säkularen Staates wollen wir langfristig erreichen, dass alle staatlich anerkannten Schulen zu bekenntnisfreien Schulen werden.

2.3 Reform des Schulsystems für Chancengleichheit

Wir halten das derzeitige Schulsystem in Deutschland für veraltet, was auch durch die PISA-Studie immer wieder bestätigt wird. Es hält weder mit der gesellschaftlichen Entwicklung noch mit der pädagogischen Forschung Schritt. Wir setzen uns deshalb dafür ein, die starren Strukturen aufzubrechen und den Schülern mehr Möglichkeiten bei der Wahl ihrer Unterrichtsfächer zu bieten. Individuelle Fähigkeiten und Fertigkeiten müssen frühzeitig erkannt und vonseiten der Schule gefördert werden. Auch Menschen mit Einschränkungen wollen wir inklusiv in den Schulalltag integrieren. Bildung muss außerdem für jeden Schüler erschwinglich sein und darf Familien nicht übermäßig belasten. Deshalb fordern wir, dass die für den Unterricht notwendigen Materialien vom Freistaat Bayern übernommen werden. Außerdem soll das Schulsystem ständig evaluiert und nach neuen pädagogischen Erkenntnissen verbessert werden.

2.4 Digitale Bildung

Digitalisierung prägt unsere Gegenwart und Zukunft. Bayern muss daher die Chancen, die sich in diesem Zusammenhang für den Unterricht und die Kompetenzentwicklung unserer Kinder ergeben, erkennen und konsequent nutzen. Schüler und Studenten aller Altersstufen müssen in die Lage versetzt werden, selbstbestimmt und kritisch mit digitalen Technologien und Inhalten umzugehen, wofür ein durchdachtes und alltagstaugliches Konzept notwendig ist. Der verantwortungsvolle Umgang mit digitalen Geräten und Medien muss daher wesentlicher Bestandteil von Bildung sein. Eine Grundvoraussetzung dafür ist der schnellstmögliche Netzausbau und die flächendeckende Bereitstellung von zeitgemäßer Hard- und Software. Entsprechende Geräte sollen Schülern und Lehrern möglichst kostenfrei zur Verfügung gestellt werden. In allen Formen von Bildungseinrichtungen müssen Lehrkräfte durch Fortbildungen im Umgang mit moderner Technik geschult und zusätzliches IT-Personal eingestellt werden. Digitale Arbeitstechniken möchten wir ergänzend zu den bisherigen Arbeitstechniken als verbindlichen Bestandteil der Lehrerausbildung etablieren. Dazu gehört auch die Integrierung von künstlicher Intelligenz in die Lehre. Um dies bestmöglich umsetzen zu können, wollen wir ein Expertengutachten zur Evaluierung des Potenzials in Auftrag geben.

3. Digitalisierung

Die Digitalisierung prägt bereits unsere Gegenwart und ist unerlässlich für unsere Zukunft. Wir möchten ihre Chancen ergreifen und fördern, auch, um potenziellen Gefahren rechtzeitig entgegenzuwirken. Digitalisierung und Automatisierung können die Effizienz der Wirtschaft steigern und haben großen Einfluss auf unser Alltags- und Arbeitsleben. Die Entwicklungen in der Forschung, beispielsweise zur künstlichen Intelligenz und zum autonomen Fahren, lassen weitere gravierende Änderungen erahnen. Wir müssen Bayern und Deutschland nicht nur auf die zunehmenden Veränderungen vorbereiten, sondern wollen diese selbst mutig vorantreiben und positiv beeinflussen. Digitalisierung bedeutet für uns zum einen die Chance auf mehr demokratische Teilhabe und mehr Transparenz für alle Bürger. Zum anderen spielen die Erforschung und Entwicklung digitaler Technologien für uns eine wichtige Rolle. Deshalb fordern wir einen schnellen und stabilen Internetzugang sowie ein flächendeckendes und zuverlässiges Mobilfunknetz für alle. Wir setzen uns für einen zukunftsorientierten und verantwortungsvollen Umgang mit digitalen Technologien ein und wollen mit ihrer Hilfe sichere und effektivere Möglichkeiten zur demo­kratischen Mitbestimmung schaffen.

3.1 Digitale Privatsphäre

Das Menschenrecht auf Privatsphäre kann nur geschützt werden, wenn die informationelle Selbstbestimmung im Datenschutz grundsätzlich gewährleistet wird. Digitale Selbstbestim­mung und Privatsphäre sind für uns wichtige Bestandteile individueller Freiheit. Nur wer nicht überwacht wird, kann sich frei entfalten. Staatliche Maßnahmen, die Bürger unter Generalver­dacht stellen, lehnen wir deshalb strikt ab. Wir wollen eine Zukunft, in der jeder Mensch die Möglichkeit hat, seine Daten einzusehen, zu kontrollieren und über sie zu verfügen. Um dies zu erreichen, setzen wir auf eine nutzerorientierte und dezentrale Datenökonomie, in der jeder Mensch frei darüber entscheiden kann, welche seiner persönlichen Daten erhoben, verarbeitet, ausgewertet und weitergegeben werden. Daten­schutz und Datensicherheit müssen konsequent umgesetzt werden. Wir fordern, dass das Recht auf Privatsphäre und Datensouveränität bei der Nutzung digitaler Kommunikationswege gewahrt bleibt. Die systematische Schwächung verschlüsselter Kommu­nikation lehnen wir deshalb ab. Ebenso lehnen wir den Einsatz flächendeckender biometrischer Überwachung sowie die anlasslose und massenhafte Speicherung von Vorratsdaten ab. Staatliche Akteure müssen sich auf den Schutz und die Ausfallsicherheit ihrer eigenen digitalen Infrastrukturen konzentrieren. Sicherheitslücken in IT-Systemen müssen gemeldet werden („Responsible Disclosure“).

3.2 Meinungsfreiheit im Internet

Die Meinungsfreiheit ist ein Grundpfeiler unserer modernen Demokratie und muss deshalb auch in der digitalen Welt gewährleistet sein. Aktuell wurden in Deutschland umstrittene Gesetze zum Thema Hasskriminalität (NetzDG) bzw. Urheberrecht (Artikel 17) verabschiedet. Diese Gesetz­gebung macht Plattformen für dort veröffentlichte Inhalte verantwortlich und schafft Anreize, Inhalte von Nutzern im Zweifelsfall eher zu löschen, etwa durch Uploadfilter, anstatt eine kon­textbezogene Abwägung zu treffen. Da das die Meinungsfreiheit im Netz gefährdet, sehen wir solche Gesetze kritisch. Meinungs- und Kunstfreiheit müssen auch im Internet geschützt werden. Lösungsansätze für Probleme wie Hasskriminalität oder Urheberrechtsverletzungen dürfen sie nicht einschränken. Wir fordern deshalb eine Neubewertung der Wirksamkeit und Verfassungskonformität des NetzDG. Eine europäische Fair-Use-Regelung soll die Vergütung von Urhebern sicherstellen. Um Hetze zu bekämpfen, sollen auf Plattformen, auf denen keine Klarnamen verwendet werden, persönliche Identifikationsdaten im Account hinterlegt werden, um in besonderen Härtefällen rechtliche Schritte einleiten zu können.

3.3 Open Source

Quelloffene Produkte schaffen Vertrauen und sowohl die Gesellschaft als auch Unternehmen und Privatpersonen können davon profitieren. Beispielsweise können Interessierte bei soge­nannter Free and Open-Source Software (FOSS) transparent nachvollziehen, welche Daten erhoben und verarbeitet werden. Wir unterstützen daher den Einsatz von FOSS in allen Bereichen. Öffentliche Verwaltungs- und Bildungseinrichtungen sollen schrittweise verstärkt auf FOSS umstellen. Die Nutzung pro­prietärer Software muss besonders hier auf ihre Zweckmäßigkeit geprüft werden. Starke Abhängigkeiten von einzelnen Herstellern wollen wir vermeiden und die Entwicklung von Open-Source-Projekten, die der Allgemeinheit zugutekommen, gezielt staatlich fördern. Dazu gehört insbesondere die verstärkte Förderung des „Sovereign Tech Fund“. Durch die quelloffene Gestaltung kann schneller auf Probleme und Neuerungen in der Anwendbarkeit reagiert werden. Software, die überwiegend mit öffentlichen Mitteln finanziert wird, muss unter einer freien Lizenz veröffentlicht werden, damit sie allen zur Verfügung steht. Wir fordern, dass Open-Source-Schlüsseltechnologien von fest angestellten Entwicklern weiter­entwickelt und angepasst werden. Ihre Aufgabe soll es sein, die Technologien für öffentliche Einrichtungen anzupassen und bei deren Einrichtung zu unterstützen.

3.4 Anwendung der Digitalisierung

Die Digitalisierung ermöglicht es uns, schneller zu kommunizieren, weniger Papier zu ver­brauchen und schnell auf benötigte Daten zugreifen zu können. Ressourcen und Gelder können geschont und stattdessen sinnvoller eingesetzt werden. Deutschland liegt im DESI-Index derzeit nur auf Platz 13 von 27 EU-Ländern und damit nur knapp über dem EU-Durchschnitt – ein Armutszeugnis für einen wirtschaftsstarken Innovationsstandort. Unser Ziel ist es, Bayern zu einem Spitzenstandort in den Bereichen Digitalisierung und künstliche Intelligenz zu machen. Das letzte Maßnahmenpaket „BAYERN DIGITAL“ ist 2022 ausgelaufen. Es war ein Schritt in die richtige Richtung, daher wollen wir dieses Maßnahmen­paket wieder aufleben lassen und uns dabei am 2019 erstellten Gutachten für Bayerns digitale Transformation orientieren. Darüber hinaus möchten wir zu Beginn jeder neuen Legislatur­periode ein Gutachten zu weiteren digitalen Verbesserungsmöglichkeiten in Auftrag geben, um Bayern stets an die neuesten Entwicklungen anzupassen. Wir fordern, dass die bayerische Verwaltung ihre digitale Kompetenz durch die Einstellung von Fachkräften ausbaut. Die Beauftragung von Beratern wollen wir möglichst vermeiden und lang­fristig verbieten oder zumindest finanziell begrenzen. Insbesondere in den Schulen müssen wir verhindern, dass sich Lehrkräfte nebenbei um die digitale Infrastruktur kümmern müssen. Statt­dessen sollen diese Aufgaben von angemessen bezahlten IT-Fachkräften übernommen werden.

3.5 Offene Standards

er Begriff „Standard“ kann vieles bedeuten. Wir verstehen darunter insbesondere Protokolle und Formate. Proprietäre Standards verlangsamen und verkomplizieren die Kommunikation zwischen zwei oder mehreren Instanzen und schaffen Monopole. Wir möchten neue Standards fördern und etablierte erweitern. Beispiele sind AV1 für effiziente und lizenzfreie Videowieder­gabe oder RISC-V für offene Hardware. Der Staat muss daher Kompetenzen aufbauen, um solche Standards durchsetzen zu können. Ausschreibungen für Digitalisierungsprojekte der öffentlichen Hand können sich dann auf diese Standards stützen. Durch ihre Offenheit kann sichergestellt werden, dass ein Anbieterwechsel ohne großen Aufwand möglich ist und ein Markt von untereinander kompatiblen Anbietern entsteht. Ein weiterer wichtiger Aspekt bei der Umsetzung der Digitalisierung ist die Überprüfung der Sicherheit der Programme. Der Begriff „sicher“ umfasst in diesem Fall zwei Aspekte: Zum einen bezieht er sich auf die funktionale Produktsicherheit (Safety), das heißt, dass die Programme unter keinen Umständen zum Beispiel für Menschen schädlich sein dürfen. Zum anderen beschreibt er die Sicherheit nach außen (Security), beispielsweise vor Hacker-Angriffen. Wir befürworten Anreize, um Programme auf ihre Sicherheit hin zu testen. Langfristig soll das Testen durch Verifikation ersetzt werden. Forschung in diesen Bereichen wollen wir gezielt fördern.

4. Wissenschaft und Forschung

Wir sind der festen Überzeugung, dass Fakten, Rationalität und wissenschaftliche Methoden die geeignetsten Mittel für eine fundierte und zielgerichtete Entscheidungsfindung sind und die Grundlage für die Bewältigung nationaler und globaler Herausforderungen bilden. Damit Wissenschaft ihre wichtige gesellschaftliche Funktion erfüllen kann, muss sie frei von öko­nomischen Zwängen und ideologischer Instrumentalisierung sein. Wir wollen zudem die Wissenschaftskommunikation verbessern und dafür sorgen, dass Wissenschaftler ein ausge­zeichnetes Arbeitsumfeld vorfinden, um ihre Forschung effektiv und langfristig vorantreiben zu können.

4.1 Moderner Wissenschaftsstandort Bayern

Für einen modernen Wissenschaftsstandort Bayern brauchen wir entsprechende Rahmen­bedingungen, um Lehre und Forschung bestmöglich zu gewährleisten. Die Finanzierung der Lehr- und Forschungseinrichtungen müssen wir verbessern. Nach der Zuweisung der Finanz­mittel sollen diese Einrichtungen eigenverantwortlich damit wirtschaften können, wobei sich die Grundfinanzierung an der Zahl der Studenten orientieren soll. Dazu wollen wir auch die Orga­nisation der Hochschulen optimieren und digitalisieren, um Strukturen und Abläufe effizienter zu gestalten. Darüber hinaus setzen wir uns für eine stärkere Förderung von Kooperationen zwischen Forschungseinrichtungen wie der Helmholtz-Gemeinschaft, der Max-Planck-Gesell­schaft und den Hochschulen ein. Wir fordern eine wirksame Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes zugunsten des wissenschaftlichen Personals in Bayern. Neue Stellen, vor allem im sogenannten Mittelbau von Universitäten, müssen geschaffen und Verträge entfristet werden, um Wissenschaftlern eine dauerhafte Zukunftsperspektive in Bayern zu geben. Lehrtätigkeiten und Tätigkeiten von stu­dentischen Hilfskräften möchten wir angemessen tariflich vergüten. Eine sozialversicherungs­pflichtige Beschäftigung während der Promotion sollte ebenso die Regel sein wie eine angemessene Vertragslaufzeit.

4.2 Transparente Wissenschaft

Wissenschaft soll für die Öffentlichkeit zugänglich sein und wissenschaftliche Arbeitsmethoden Vorbildcharakter für die Bildung haben. Wir möchten eine allgemeinverständliche und sachliche Darstellung wissenschaftlicher Erkenntnisse in Wissenschaft, Medien und Öffentlichkeit finan­ziell fördern, um möglichst breite Bevölkerungsschichten zu erreichen. Frei zugängliche Daten- und Wissensbestände sehen wir als wertvolles Allgemeingut, denn sie tragen zu einer informier­ten Gesellschaft bei. Insbesondere zu Forschungsergebnissen, die von öffentlichen Institutionen finanziert wurden, wollen wir freien Zugang gewähren. Gleiches gilt für Forschungsdaten, die aus öffentlich finanzierten Quellen stammen. Wir fordern dazu, dass die öffentliche Hand einen Speicherort für große Datensätze mit wissenschaftlichem Hintergrund einrichtet und diese Daten unter Beachtung des Urheberrechts dauerhaft archiviert. Zur Stärkung von Open Data wollen wir das E-Government-Gesetz (EGovG) erweitern und verbindliche Vorgaben für die Publikation öffentlich zugänglicher Daten machen. Wir halten Transparenz in der Wissenschaftsfinanzierung für notwendig, um mögliche Inter­essenkonflikte und Einflussnahmen zu erkennen und verhindern zu können. Wir möchten rechtliche Hürden für den freien wissenschaftlichen Austausch unter Wahrung der Persönlich­keitsrechte und des geistigen Eigentums der Urheber so weit wie möglich abbauen.

4.3 Raumfahrt

Seit dem letzten Jahrhundert ist die Nutzung des Weltraums ein unverzichtbarer Bestandteil unseres modernen Lebens. Satelliten spielen nicht nur eine wesentliche Rolle bei der Erfor­schung des Weltraums, sondern auch in vielen privaten, gesellschaftlichen und staatlichen Bereichen wie der Kommunikation, der Klimaforschung und dem Katastrophenschutz. Die Zahl der Akteure und Aktivitäten im Weltraum wird weiter zunehmen. Deshalb brauchen wir auch verbindliche Maßnahmen zur Reduzierung von Weltraumschrott. Als fortschrittsorientierte Partei sprechen wir uns für den Ausbau und die Weiterentwicklung sowie eine verantwortungsvolle Nutzung von Raumfahrttechnologien aus. Wir messen dabei dem Technologie- und Wissensstandort Deutschland, der EU und der Europäischen Weltraum­agentur (ESA) eine herausragende Bedeutung bei. Auch Bayern ist ein Hotspot für Existenz­gründungen in diesem Bereich. Wir fordern ein umfassendes deutsches Weltraumgesetz zur Förderung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), universitärer Raum­fahrtforschung und deutscher Raumfahrtindustrie inklusive Start-ups. Außerdem möchten wir die enge Zusammenarbeit mit internationalen Partnern, insbesondere der ESA und der EU, fördern und den Aufbau eines globalen Weltraumverkehrsmanagementsystems vorantreiben. Wenn wir möglichst früh in diesen Zukunftssektor investieren und die rechtlichen Weichen für eine freie Weltraumforschung stellen, sehen wir eine große Chance für die bayerische Wirtschaft.

5. Klima und Umweltschutz

Der Klimawandel ist die größte Herausforderung für die Menschheit und er schreitet sehr schnell voran. Auch wenn die Erderwärmung nach heutigem Kenntnisstand nicht mehr auf 1,5 °C begrenzt werden kann, müssen wir die klimatischen Auswirkungen durch eine konsequente Klimapolitik so gering wie möglich halten. Doch selbst wenn Deutschland seine nationalen Klimaschutzziele einhalten sollte, werden die bereits jetzt erkennbaren und sich weiter verstärkenden Veränderungen des Klimas in Deutschland und Europa deutlich spürbar sein. Deshalb müssen wir uns schon heute auf die Veränderungen von morgen vorbereiten. Erfolgreiche Klimaschutzpolitik funktioniert aber nur, wenn möglichst viele Akteure aus Politik und Gesellschaft an einem Strang ziehen. Als Zivilgesellschaft nehmen wir unsere Verantwort­ung gemeinsam wahr. Gelebter Humanismus bedeutet für uns nicht nur Selbstbestimmung, sondern auch Selbstverantwortung.

5.1 Effektiver Klimaschutz

Die globale Erwärmung schreitet immer schneller voran, die Auswirkungen sind bereits seit Jahren spürbar und es besteht die Gefahr, dass durch Überschreiten klimatischer Kipppunkte diese Entwicklung unumkehrbar wird. Klimapolitische Maßnahmen müssen daher möglichst effektiv und breit angelegt sein. Um die Netto-Treibhausgasemissionen in Bayern insgesamt möglichst auf null zu reduzieren, wollen wir objektiv und sektorenübergreifend alle zur Verfügung stehenden Optionen für eine sozialverträgliche Energiewende prüfen. Wirksamer Klimaschutz bedeutet für uns, nachhaltige und indirekte Maßnahmen präventiv einzusetzen, damit einzelne Verbote gar nicht erst notwendig werden. Eine zentrale Maßnahme ist die CO2-Bepreisung auf Basis des ökologischen Fußabdrucks eines Produktes, um ein klimabewusstes Verhalten und Wirtschaften in der Breite zu erreichen. Denn durch eine ausreichend hohe Bepreisung des Ausstoßes klimaschädlicher Gase wird es automatisch attraktiver, in klimafreundliche Energieerzeugung zu investieren, bewusster zu konsumieren und Innovationen voranzutreiben. Zudem können mit den Einnahmen weitere Klimaschutzmaßnahmen finanziert werden.

5.2 Klimaschonende Energieversorgung

Wir stehen für eine Energiewende, die zielgerichtet und verantwortungsvoll die vollständige Dekarbonisierung der Primärenergie vorantreibt. Die Treibhausgasemissionen im Energiesektor müssen wir so schnell wie möglich reduzieren. Energie kann auf vielfältige Weise erzeugt wer­den. Ob Solarenergie, Wind- oder Wasserkraft, Geothermie oder Kernenergie: Jede Erzeugungsart muss vorurteilsfrei anhand des heutigen und zukünftigen Bedarfs und potenzieller Risiken ge­prüft und eingesetzt werden. Dabei ist stets der aktuelle Stand von Forschung und Entwicklung zu beachten. Eine starre, von den realen Möglichkeiten und Notwendigkeiten losgelöste Ziel­setzung ist zum Scheitern verurteilt. So ist auch der steigende Strombedarf, beispielsweise durch die Elektrifizierung des Individualverkehrs, zu berücksichtigen. Dabei setzen wir auf die Förderung, Erforschung, Entwicklung und Anwendung bestehender und neuer klimafreundlicher Technologien zur Energieerzeugung, -einsparung und -verteilung. Ideologisch geprägte Herangehensweisen, die auf wissenschaftlich nicht haltbaren Konzepten und auf festgefahrenen Meinungen beruhen, lehnen wir ab. Der Umstieg auf eine klima­verträgliche Energieversorgung muss konsequent und zügig umgesetzt werden. Damit diese Transformation gelingt, müssen wir die erneuerbaren Energien schnell und nachhaltig aus­bauen. Wir brauchen flächendeckende Verfügbarkeit effizienter Energiespeichertechnologien, deren Weiterentwicklung und Einsatz gezielt gefördert werden. Gleichzeitig fordern wir als ergänzende Maßnahme den Weiterbetrieb bzw. die Reaktivierung der letzten bayerischen Kernkraftwerke einschließlich der gegebenenfalls notwendigen Nachrüstungen für einen sicheren Weiterbetrieb als CO2-arme Brückentechnologie. Nicht zuletzt brauchen wir auch Fachkräfte, die in der Lage sind, die bestehende Energieinfrastruktur zu sanieren und zu einem zukunftsfähigen System auszubauen. Um diese Fachkompetenz zu stärken, wollen wir das Handwerk aktiv unterstützen und effizientere Lieferketten etablieren. Ebenso möchten wir die Erforschung von zukunftsfähigen Kraftwerkskonzepten wie Kern- und Fusionsreaktoren sowie Technologien zur CO2-Abscheidung und -Speicherung (CCS) fördern. Der Einsatz neuer Technologien muss dabei objektiv auf Nutzen und Risiken geprüft und verantwortungsvoll umgesetzt werden. Damit sichern wir nicht nur unsere Stromversorgung und bauen den Klimaschutz aus, sondern schonen langfristig auch die Umwelt.

5.3 Energiestandort Bayern

Derzeit werden in Bayern nur 21,7% der Energie aus erneuerbaren Energieträgern gewonnen (Stand 2021). Das ist ein Armutszeugnis für das wirtschaftsstarke Flächenland Bayern. Wir wollen, dass Bayern eine Vorreiterrolle einnimmt und den Innovationsstandort sinnvoll für den Ausbau der erneuerbaren Energien nutzt, wird doch allein bis 2030 eine Erhöhung des Energie­bedarfs von 17% im Vergleich zu 2021 erwartet. Energiepreise dürfen bei einem durchschnittlichen Energieverbrauch nicht die Lebensgrundlage gefährden. Durch den von uns angestrebten Energiemix sowie die Entwicklung von Speicher­technologien wollen wir eine Grundlage für langfristige Energiepreise schaffen, die keinen Haushalt über Gebühr belasten. Wir möchten vermehrt in von öffentlicher Hand gebaute Gebäude, Wärmepumpen und Photo­voltaikanlagen investieren. Derzeit sind beispielsweise die Wartezeiten für Photovoltaikanlagen sehr lang. Wir setzen uns für staatliche und kommunale Förderungen für Unternehmensneu­gründungen in diesem Sektor ein. Darüber hinaus fordern wir eine Solarpflicht auf allen öffentlichen Gebäuden, die nicht unter Denkmalschutz stehen. Photovoltaikanlagen sollen bevorzugt auf Gebäuden und Infrastruktur errichtet werden und nicht auf Feldern, die bewirtschaftet werden könnten. Außerdem sollen die Mindestabstände von Windkraftanlagen zu Wohnhäusern auf wissenschaftlicher Basis ermittelt und neu bewertet werden. Dadurch wollen wir mehr grundsätzlich geeignete Standorte für Windkraftanlagen erschließen. Die regenerative Energieerzeugung in Kombination mit zentralen und dezentralen Speichern wird nach unseren Vorstellungen in Bayern eine tragende Rolle spielen, allerdings müssen dafür politische und technologische Hemmnisse abgebaut werden. Die öffentliche Hand muss hier eine Vorreiterrolle einnehmen, vor allem aber müssen finanzielle Anreize gesetzt und raum­planerische Maßnahmen ergriffen werden. Von der Solaranlage auf dem Einfamilienhaus bis zum großen Windpark brauchen wir eine Förderung mit unmittelbarer Umsetzungsperspektive.

5.4 Intelligente Energienetze

Die Energiewende wird nur dann funktionieren, wenn sie sektorenübergreifend umgesetzt wird, beispielsweise unter Einbeziehung der Prozesswärme aus Industrie und Gewerbe oder privaten Speicherlösungen. Erneuerbare Energien brauchen Speicher und Verteilernetze, damit die Energie auch bedarfsgerecht zum Verbraucher gelangt. Wir benötigen also eine intelligente Energieinfrastruktur. Da die Primärenergie nicht allein aus nationalen Quellen gedeckt werden kann, müssen wir gemeinsam mit unseren europäischen und internationalen Partnern eine neue Versorgungs­infrastruktur aufbauen. Auch auf kommunaler Ebene sind intelligente Lösungen wie „Smart Grids“ erforderlich, um die verschiedenen dezentralen Energieerzeuger in das Netz zu inte­grieren. Dabei müssen sowohl Erzeugungs- als auch Verbrauchsschwankungen effizient ausgeglichen werden. In diesem Zug wollen wir die Weiterentwicklung von Power-to-X-Techno­logien fördern, die auch eine vielversprechende Möglichkeit zur Umwandlung und Speicherung von zeitweise überschüssigem Solar- und Windstrom darstellen.

5.5 Klimakompensation

Wir wollen einen Beitrag zur Klimaanpassung leisten, indem wir unsere Stadtplanung zugunsten von Grün- und Wasserflächen ändern und innerstädtische Wärmequellen reduzieren (siehe Kapitel 7.5). So stehen wir Geoengineering positiv gegenüber und möchten beispielsweise durch die Ausweitung und Renaturierung von Wäldern und Mooren Kohlenstoffsenken schaffen. Darüber hinaus wollen wir CO2 auch aus der Luft oder aus Industrieabgasen filtern und entweder speichern (CCS) oder sogar in Energieträger wie eFuels umwandeln.

6. Landwirtschaft

Die Landwirtschaft sichert unser Überleben und ist damit ein Grundpfeiler unserer Gesellschaft. Mit einer modernen, technologieoffenen Agrarpolitik und einer nachhaltigen Intensivierung wollen wir eine Landwirtschaft realisieren, die mit minimalem Ressourceneinsatz und Flächen­verbrauch ein Maximum an Ertrag erbringt. Durch eine optimale Nutzung der vorhandenen Flächen und eine Kombination aus bewährten und innovativen Methoden wollen wir unsere Landwirtschaft einerseits anpassungsfähig an die kommenden klimatischen Veränderungen machen und andererseits Naturräume für biologische Vielfalt schaffen und erhalten. So können die negativen Einflüsse der Landwirtschaft der Zukunft auf das Weltklima minimiert werden.

6.1 Technologieoffene Landwirtschaft

Ein zentrales Anliegen der Partei der Humanisten ist es, dass politische Entscheidungen auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse getroffen werden. Wir wollen den Diskurs um die Gentechnik und um die neuen genomischen Techniken (Genome Editing) versachlichen und ein Gegengewicht zu faktenfernen politischen Entscheidungen bilden. Die wissenschaftliche Studienlage zu gentechnischen Verfahren ist eindeutig. Deshalb befürworten wir diese Techno­logien, wollen sie fördern und Barrieren abbauen. Wir sehen im Anbau gentechnisch modifi­zierter und genomeditierter Pflanzen ein bisher ungenutztes Potenzial, um höhere Erträge bei optimaler Flächennutzung zu erzielen, den Einsatz von Insektiziden und Pestiziden zu reduzieren und den Beitrag der Landwirtschaft zur Bekämpfung der Folgen des Klimawandels zu erhöhen. Um eine technologieoffene und wirklich nachhaltige Landwirtschaft zu realisieren, setzen wir uns für eine Förderung der Erforschung, Entwicklung und Etablierung von Mitteln und Methoden ein, die nicht länger in einer vermeintlichen Spaltung der Landwirtschaft in ökologisch und nicht-ökologisch feststecken. Automatisierung und Digitalisierung können die Landwirtschaft der Zukunft vereinfachen und effizienter machen.

6.2 Nachhaltige Lebensmittelproduktion

Wir wollen eine ressourcenschonende Lebensmittelproduktion und nachhaltige Ernährungs­weise fördern. Hoher Fleischkonsum und Lebensmittelverschwendung stehen diesen Zielen entgegen. Wir unterstützen daher vorurteilsfrei alternative Lebensmittel, um die Wahlmög­lichkeit für Verbraucher zu erweitern, seien es pflanzliche Ersatzprodukte oder solche aus Insekten oder Zellkulturen. Da die gesellschaftliche Akzeptanz solcher Lebensmittel eine Grundvoraussetzung dafür ist, wollen wir für breite Aufklärung sorgen. Wo immer möglich, setzen wir auf den Einsatz von „Vertical Farming“, also Landwirtschaft in mehrstöckigen, kontrollierten Innenräumen, damit Nahrungsmittel wetterunabhängig und verbrauchernah produziert werden können.

6.3 Vielfältige Ökosysteme

Wir Menschen sind Teil der Natur und tragen daher Verantwortung dafür, unsere Innovationen und Technologien zu ihrem Schutz einzusetzen und dafür zu sorgen, dass die Erde für uns und unsere Mitspezies auch weiterhin ein lebenswertes Zuhause bleibt. Prävention und Regene­ration sind unsere zentralen Konzepte für den Schutz der Umwelt und der biologischen Vielfalt. Das Ausmaß an Zerstörung und Verschmutzung von Lebensräumen muss verringert werden. Wir müssen dazu mehr Rückzugsräume für Tiere und Pflanzen schaffen. Erreichen können wir das durch eine effizientere Landnutzung, die Lebensräume freigibt. Durch Regeneration, also die Beseitigung von Umweltbelastungen und beispielsweise die Wiederansiedlung von Tieren und Pflanzen, können wir Ökosysteme stärken und dem fort­schreitenden Verlust an biologischer Vielfalt entgegenwirken. Die Versiegelung von Flächen müssen wir stoppen und diese wo immer möglich renaturieren. Das gesellschaftliche und politische Bewusstsein für unsere Verantwortung wächst durch Aufklärung und Bildung und ist daher neben der gezielten Förderung der Erforschung von Technologien zum Erhalt der biologischen Vielfalt und Stärkung von Lebensräumen unverzichtbar.

6.4 Bedürfnisse von Tieren

Dank umfangreicher Forschung verfügt die Menschheit über eine gute Wissensgrundlage bezüglich der Bedürfnisse und Empfindungsfähigkeiten der in unserer Obhut lebenden Tiere. Es ist unsere ethische Pflicht als Gesellschaft, für das Wohlergehen dieser Tiere zu sorgen, Leiden zu vermindern und für eine angemessene Wertschätzung von Tieren und tierischen Produkten in der Bevölkerung zu sorgen. Dieses Ziel muss Vorrang vor Traditionen, Unterhaltung, religiösen Riten oder wirtschaftlichen Interessen haben. Wir fordern ein Ende der Missstände in der Tierhaltung. Kommerziell erzeugte, industriell hergestellte Produkte tierischer Herkunft sollen so weit wie möglich durch pflanzliche oder alter­nativ biotechnologisch oder synthetisch hergestellte Produkte ersetzt werden. Dies gilt sowohl für den medizinischen als auch insbesondere für den Lebensmittelsektor. Verschiedene Fleisch­alternativen stehen bereits jetzt zur Verfügung und werden in naher Zukunft eine wichtige Rolle spielen, um die Notwendigkeit der Tierhaltung zur Nahrungsmittelproduktion immer weiter zu reduzieren. Aber auch die Rechte der uns anvertrauten Tiere müssen wir stärken und konsequent durch­setzen. Nutz- und Heimtiere sollen ausnahmslos ohne Leid gehalten werden. Neben Futter, Sicherheit und artgerechten Haltungsbedingungen müssen auch die medizinische Versorgung und das Angebot artgerechter Beschäftigungsmöglichkeiten für jedes Tier verpflichtend sein. Die derzeit geltenden Hürden für Tierversuche wollen wir weiter überprüfen und diese Standards international an unsere angleichen. Durch neue Forschungs- und Untersuchungsmethoden möchten wir zudem die Notwendigkeit von Tierversuchen weiter reduzieren.

7. Wohnen der Zukunft

Der Grad der Urbanisierung in Bayern liegt derzeit bei rund 44% und damit deutlich unterhalb des Bundesdurchschnitts. Auch wenn derzeit nicht abschließend geklärt werden kann, welche Gründe in welchem Ausmaß dafür verantwortlich sind, spielen die sehr hohen Wohnungspreise in den bayerischen Städten sicherlich eine große Rolle. Wir wollen mit einer visionären und fort­schrittlichen Wohnungs- und Städtepolitik dafür sorgen, dass sich jeder Bürger Bayerns das Wohnen in der Stadt seiner Wahl leisten kann. Gleichzeitig wurden auch Stadtplanung und -modernisierung viel zu lange vernachlässigt. Hier wollen wir ansetzen, um nicht nur moderne, sondern auch klimaverträgliche und klimaangepasste Städte zu schaffen.

7.1 Wohnungspolitik

Jeder Mensch hat ein Recht auf angemessenen Wohnraum. Als Folge des über Jahrzehnte von der Politik vernachlässigten Wohnungsbaus gibt es in bayerischen Metropolregionen heute jedoch kaum noch ausreichenden und vor allem bezahlbaren Wohnraum. Auch bei der Ent­wicklung des öffentlichen Raums stand die Lebensqualität der Menschen lange nicht im Mittel­punkt. Wohnungsbau sowie Raum- und Siedlungsentwicklung benötigen aber einen langen Planungshorizont, denn Maßnahmen in diesem Bereich wirken sich oft erst nach vielen Jahren aus. Eine nachhaltige und vorausschauende Politik muss künftige Bedürfnisse frühzeitig erkennen und entsprechend proaktiv handeln, ohne sich kurzfristigen Trends oder Dogmen zu unterwerfen. Mehr Hochbau ist eine von vielen notwendigen Maßnahmen, um unsere Städte zu entlasten. Gleichzeitig können wir Siedlungsdruck von den Großstädten nehmen, indem wir kleinere Gemeinden besser anbinden. Dabei geht es uns nicht nur um die Anbindung an das Internet und den öffentlichen Nahverkehr, sondern auch um andere wichtige Güter der Grundversorgung wie beispielsweise Gesundheitsdienstleistungen.

7.2 Smarte Städte

Smarte Städte zielen darauf ab, Wirtschaftswachstum, Nachhaltigkeit und Lebensqualität zu fördern und miteinander in Einklang zu bringen. Obwohl die Kommunen bei der Umsetzung eine Schlüsselrolle einnehmen, können auch auf höherer Ebene Handelsempfehlungen gegeben und Mittel für die Umsetzung möglicher Projekte bereitgestellt werden. Bei der Umsetzung von Smart Citys besteht derzeit ein Konflikt zwischen traditionellen Sicht­weisen und der Akzeptanz neuer Technologien, insbesondere der Digitalisierung. Smart Citys können jedoch die Gesamteffizienz steigern, beispielsweise durch geringeren Ressourcen­verbrauch, bessere Anbindung ländlicher Regionen an wirtschaftliche und gesellschaftliche Zentren und optimale Flächennutzung. Wir setzen uns dafür ein, dass den Kommunen mehr finanzielle Mittel für die Umsetzung entsprechender Konzepte zur Verfügung gestellt werden. Dabei geht es insbesondere um die Digitalisierung öffentlicher Dienste und Infrastrukturen, aber auch um grundlegende Aspekte des autonomen Fahrens und eines effizienten Verkehrsflusses. Eine proaktive Gesundheits­versorgung ist ebenfalls ein essenzieller Teil unseres Konzepts. Diese Systeme müssen aber auch geschützt werden, weshalb wir uns für den Ausbau der kommunalen Cybersicherheit einsetzen. Durch den Klimawandel sind unsere Städte zudem einem erhöhten Krisenrisiko ausgesetzt. Deshalb wollen wir Warnsysteme reaktivieren und ausbauen sowie regionale Krisen­pläne entwickeln.

7.3 Soziales Wohnen

Bezahlbarer Wohnraum wird in unseren Städten immer knapper – ein Problem, das mittlerweile große Teile der Bevölkerung erreicht hat. Besonders betroffen sind Menschen ohne oder mit nur geringem Einkommen, die auf geförderten Wohnraum angewiesen sind. Die Bereitstellung von bezahlbarem Wohnraum ist daher ein wesentlicher Bestandteil eines solidarischen Wohnungs­markts. Die Finanzierung muss langfristig gesichert und durch den Erhalt und Ausbau öffentlicher Wohnungsbauunternehmen gefördert werden. Sozialen Wohnraum wollen wir aber nicht an bestimmte Wohnungen binden, sondern auch auf andere Wohneinheiten übertragen können, wenn die ursprüngliche Sozialbindung nicht mehr erforderlich ist. Auch die Entwicklung von genossenschaftlichem und gemeinnützigem Wohnungsbau möchten wir unterstützen. In jedem Fall wollen wir sicherstellen, dass es nicht zu einer Ghettoisierung der Stadtbevölkerung kommt. Diese kann entstehen, wenn viele auf sozialen Wohnungsbau angewiesene Menschen gezwungen werden, im selben Stadtviertel zu leben. Deshalb müssen wir Wohnungen mit Sozialbindung in Gebäuden zusammen mit Wohnungen ohne derartige Bindung schaffen. Dadurch wird eine verbesserte Durchmischung der verschiedenen sozialen Schichten erreicht.

7.4 Fairer Wohnungsmarkt

Jeder Mensch benötigt einen Zugang zu angemessenem Wohnraum. Außerdem darf Wohnen nicht in die Armut führen. Dies erfordert ein stärkeres und proaktiveres Eingreifen der Politik als bisher. Starre Steuerungsinstrumente wie Mietpreisbremsen oder Mietendeckel bekämpfen die Symptome eines überhitzten Wohnungsmarkts, nicht aber die Ursachen. Wir müssen statt­dessen neuen Wohnraum schaffen, der für alle sozialen Schichten erschwinglich ist. Mit Zweck­entfremdungsverboten und Milieuschutzregelungen wollen wir gewachsene soziale Strukturen erhalten. Leerstände müssen identifiziert und dem Wohnungsmarkt wieder zugeführt werden. Wohnungen sind Bestandteil des Grundbedarfs und dürfen keine Spekulationsobjekte sein. Hier müssen wir die Eigentümer ausfindig machen und sie entweder zur Vermietung oder zum Verkauf an Vermietungswillige verpflichten. Um dem Problem entgegenzuwirken, dass manche Wohneigentümer angeben, in allen Wohnungen auch selbst zu wohnen, damit sie diese nicht vermieten müssen, wollen wir eine landesweite Zweitwohnsitzsteuer einführen. Sie soll bei 15% beginnen und mit jeder weiteren Wohnung steigen. Gleichzeitig können mit den Steuerein­nahmen wieder neue Wohnungen gebaut werden.

7.5 Begrünte Städte

Begrünte Städte haben viele positive Auswirkungen; insbesondere bieten sie eine höhere Lebensqualität. Dies liegt vor allem daran, dass dicht besiedelte Städte schon heute im Schnitt 1,5 °C wärmer sind als das Umland. Im Extremfall sind es sogar bis zu 10 °C. In München hat sich die Zahl der heißen Tage und Nächte verdreifacht, Tendenz steigend. Dies ist unter anderem auf schlechte Windzirkulation, das Speichern von Wärme durch Beton, Glas und Metall sowie die erhöhte Abgasdichte zurückzuführen. Begrünte Städte sind nachweislich in der Lage, nicht nur den Stress der Bewohner zu verringern, sondern auch die Feinstaubbelastung um 10% bis 20% und den Lärm um bis zu 10 dB zu reduzieren. Auch niedrigere Spitzentemperaturen ließen sich so bereits nachweisen. Wir setzen uns daher dafür ein, dass große Teile des städtischen Bodens unversiegelt bleiben und mehr Parkanlagen geschaffen werden. Außerdem möchten wir Freiflächen durch Be­grünung besser nutzen. Auch das Konzept des „Vertical Farming“ wollen wir in bayerischen Kommunen umsetzen, um jedem Bürger kostengünstig Gemüse aus heimischer Produktion zur Verfügung stellen zu können und gleichzeitig die sonst oft langen Transportwege zu verkürzen, wodurch wiederum CO2 eingespart wird (siehe 6.2).

7.6 Attraktives Leben auf dem Land

Um die Metropolregionen zu entlasten und das Leben auf dem Land attraktiver zu gestalten, muss vor allem in eine bessere Verkehrsanbindung und in die digitale Infrastruktur investiert werden. Dem Trend der abnehmenden Nahversorgung mit Lebensmitteln, medizinischen Ange­boten und Bildungseinrichtungen wollen wir gezielt entgegenwirken. Ein weiterer wichtiger Schritt zur Stärkung des ländlichen Lebens ist die Möglichkeit, von zu Hause aus auch für weiter entfernte Arbeitgeber tätig zu sein, sofern es im jeweiligen Beruf grundsätzlich möglich ist. Wir setzen uns daher für den Abbau bürokratischer Hürden im Arbeits­recht ein, um Home-Office und mobiles Arbeiten attraktiv für Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu gestalten.

8. Mobilität und Infrastruktur

Mobilität ist ein menschliches Grundbedürfnis. Sie bedeutet Freiheit, Unabhängigkeit und Flexibilität und ist ein wichtiger Bestandteil einer funktionierenden Gesellschaft. Wir möchten allen Menschen einen bezahlbaren Zugang zu nachhaltigen Mobilitätsangeboten ermöglichen. Dafür brauchen wir eine moderne und zuverlässige Infrastruktur. Nicht unser Leben soll sich nach der gebauten Infrastruktur richten, sondern umgekehrt die Infrastruktur nach unseren Bedürfnissen. Personen- und Güterverkehr müssen so weit wie möglich wieder auf die Schiene verlagert werden. Radfahrer und Fußgänger unterstützen wir durch den Ausbau von Rad(schnell)wegen und möglichst autofreien Innenstädten. Im Individualverkehr setzen wir auf eine technologie­offene Förderung emissionsarmer Antriebskonzepte. Darüber hinaus möchten wir den Ausbau des ÖPNV insbesondere in ländlichen Regionen stärken. Grundlegende Infrastrukturen wollen wir wieder in die öffentliche Hand zurückgeben und Verkehrs- und Versorgungsnetze auf euro­päischer Ebene gezielter miteinander verbinden und aufwerten.

8.1 Nachhaltige Verkehrswende

Wir setzen uns für eine nachhaltige Verkehrswende für alle Menschen ein. Dazu sind erhebliche Investitionen in neue Infrastruktur und umweltfreundliche Mobilitätskonzepte notwendig. Statt bestimmte Verkehrsmittel pauschal zu verdrängen, müssen wir das Angebot flächendeckend verbessern, negative Auswirkungen einpreisen und den Wettbewerb stärken. Regional muss der ÖPNV ausgebaut sowie kostengünstiger und besser vernetzt werden. Das gilt insbesondere für die Anbindung des ländlichen Raums an die Metropolregionen. Wir unter­stützen die „Vision Zero“ und möchten die Zahl der Verkehrstoten möglichst auf null reduzieren. In den Städten wollen wir durch eine bessere Trennung der Infrastruktur von Auto-, Fuß- und Radverkehr sowie durch nahezu autofreie Innenstädte mehr Lebensqualität und Verkehrssicher­heit schaffen. Zur Entlastung der Straßen müssen wir den Güterverkehr so weit wie möglich auf die Schiene verlagern. Außerdem wollen wir den Einsatz und die Entwicklung alternativer Antriebskonzepte sowie Lade- und Speichertechnologien ausbauen und fördern. Digitalisierung und neue Technologien wie vollautonomes Fahren können dazu beitragen, Komfort, Sicherheit und Effizienz zu erhöhen. Auf Autobahnen und Landstraßen möchten wir verstärkt in digitale und automatisierte Verkehrs­leit- und Kontrollsysteme investieren und befürworten die Ein­führung eines flexiblen, verkehrs- und wetterabhängigen Tempolimits.

8.2 Zukunftsfähige Infrastruktur in Bayern und Europa

Zukunftsfähige und belastbare Infrastrukturen und Verkehrsnetze sind die Basis für den wirt­schaftlichen Erfolg Bayerns. Dazu müssen wir die Entwicklung gemeinsamer Standards für Qualität, Zuverlässigkeit, Verfügbarkeit und Umweltverträglichkeit verstärken und deren Um­setzung kontrollieren. Wir möchten, dass alle Bürger Europas gleichermaßen Zugang zu grundlegender Infrastruktur haben. Verkehrs- und Versorgungsnetze sowie Schulen und Krankenhäuser wollen wir dabei in öffentlicher Hand belassen bzw. in diese zurückführen. Außerdem benötigen wir ein gesamt­europäisches Hochgeschwindigkeitsnetz, das die nationalen Netze und Strecken nahtlos mit­einander verbindet. Auch in regionale Schienennetze und öffentliche Verkehrssysteme muss überall in Europa und in gleicher Qualität stärker investiert werden. Zur Umsetzung dieser Ziele fordern wir ein starkes und mit weitreichenden Kompetenzen und Finanzmitteln ausgestattetes europäisches Verkehrsministerium.

9. Wirtschaft

Soziale Marktwirtschaft ist die einzige Wirtschaftsordnung, die mit humanistischen Werten vereinbar ist. Derzeit kommt jedoch der soziale Aspekt dieser Marktwirtschaft viel zu kurz, was unter anderem durch einen großen Niedriglohnsektor sichtbar wird. Durch stärker begrenzte Marktmacht wollen wir in Bayern, Deutschland und Europa jegliche Arten von Monopolen wie auch Oligopolen verhindern. Wirtschaften ist kein Selbstzweck, sondern soll Menschen ermög­lichen, sich zu entfalten. Deshalb heißt Wirtschaften für uns, immer den Menschen und seine Lebensgrundlagen in den Mittelpunkt zu stellen. Mehrwertsteuern auf Verbrauchsartikel des täglichen Bedarfs treffen Geringverdienende über­proportional. Wir fordern deshalb die Abschaffung der reduzierten Mehrwertsteuer sowie die Neubewertung und Steuerbefreiung von Gütern des täglichen Bedarfs. Wir setzen uns darüber hinaus für eine Vereinfachung des Steuersystems durch kontinuierlichen Abbau von Ausnahme- und Sonderregelungen ein. Die immer weiter auseinandergehende Schere zwischen Arm und Reich ist ein dringend zu lösendes Problem. Eine progressivere Besteuerung Besserverdienender vermindert diese Ungleichheit innerhalb der Gesellschaft. Zeitgleich entgehen dem Staat jährlich Milliarden in Steuereinnahmen aufgrund von Steuerkonkurrenz und Steuerschlupflöchern. Deshalb ist es wichtig, auf ein gemeinschaftliches Steuersystem innerhalb der EU hinzuarbeiten.

9.1 Kalte Progression

Eine Einkommenserhöhung, die die Inflation ausgleichen soll, bedeutet in vielen Fällen dennoch eine Senkung der Kaufkraft, weil das höhere Einkommen wiederum stärker besteuert wird. Daher fordern wir, die Grenzwerte der Einkommensteuer an die Inflation bzw. Deflation zu koppeln. Dadurch kann das Einkommen an die Inflation angepasst werden, ohne prozentual mehr Steuern zahlen zu müssen.

9.2 Marktteilnehmer

Gründer und Unternehmer beleben mit ihren Innovationen den nationalen und globalen Wettbewerb. Sie spielen für Deutschland und Bayern eine wichtige Rolle, denn als rohstoffarmes Land sind wir auf Forschung, Entwicklung und Bildung als primäre Ressourcen angewiesen. Mit ihnen kann Bayern das Land des Fortschritts und der Erfindungen sein. Um gleiche Chancen für alle Marktteilnehmer zu gewährleisten, möchten wir beispielsweise die Beteiligung von Arbeitnehmern an Unternehmen erleichtern und begünstigen. Innovativen Unternehmern wollen wir Investitionen durch finanzielle Förderungen erleichtern. Markteintritts­barrieren, ob für Privatpersonen oder Unternehmen, sollen unter gleichzeitiger Berücksichtigung von Umweltschutz und sozialer Verantwortung weitestgehend vermindert werden. Aktuelle Regelungen sind oft mit hohen bürokratischen Hürden belastet, die internationale Großkonzerne bevorzugen, aber Kleinunternehmer, Gründer und Arbeitnehmer zu wenig im Fokus haben. Außerdem wollen wir die Gründung von Start-ups erleichtern, indem wir ein Grundeinkommen einführen, das auch Selbstständige im Falle einer Insolvenz auffängt und dadurch Ängste nimmt (siehe Kapitel 12.2).

9.3 Kleinanleger

Als Humanisten unterstützen wir Bürger, die selbstbestimmt leben und die Möglichkeiten unseres Wirtschaftssystems nutzen möchten. Dazu gehören für uns auch Kleinanleger, die für ihr Alter vorsorgen oder finanzielle Freiheit anstreben, um in ihrem Leben Projekten nachgehen zu können, die sie mehr begeistern als reine Erwerbsarbeit. Durch Angebote von Direktbanken und Neobrokern haben Verbraucher deutlich bessere Chancen, günstig in den Kapitalmarkt einzusteigen und mithilfe von überall zugänglicher und freier finanzieller Bildung zu mündigen Investoren zu werden. Der Fortschritt in diesem Bereich hat den Kapitalmarkt demokratisiert. Hier sehen wir auch eine Chance für unsere Bürger, über längere Zeit ein Vermögen aufzubauen, da langfristiges Investieren über einen Anlagehorizont von mindestens 15 Jahren erwiesenermaßen eine Erfolgsstrategie am Kapitalmarkt ist. Dazu wollen wir den Sparerpauschbetrag auf 3000 Euro erhöhen und diesen Freibetrag an die Lohnentwicklung koppeln.

9.4 Lebensmittelpreise

Auch die Kosten für Lebensmittel steigen derzeit stark und können eine große Belastung für Haushalte darstellen. Laut der Verbraucherzentrale sind zwischen 2021 und 2022 die Nahrungs­mittelpreise um durchschnittlich 20,7% gestiegen. Dies kann viele Gründe haben wie unter­brochene Lieferketten, steigende Lohnkosten, höhere Betriebskosten, Lieferausfälle und vieles mehr. Deswegen müssen Bürger vermehrt auf nachhaltige, gesunde, aber teure Produkte verzichten. Wir möchten die Mehrwertsteuer deshalb so gestalten, dass sie sich nach dem Gesundheitsgrad des jeweiligen Produkts richtet. Ungesündere Produkte wären demnach teurer als vergleichbare, aber gesündere Produkte. Das würde gesunde Ernährung gerade für Geringverdiener erschwing­licher machen, wodurch langfristig eine Kosteneinsparung im Gesundheitssystem zu erwarten ist. Wir wollen dies durch ein verpflichtendes Lebensmittelkennzeichen zur Beurteilung der gesundheitlichen Auswirkungen beim Konsum eines Produkts unterstützen. Durch unser Ziel, verstärkt auf Vertical Farming (siehe Kapitel 6.2 und 7.5) zu setzen, kann zudem ein großes regionales Obst- und Gemüseangebot zu niedrigen Preisen erzielt werden. Diese dezentrale Versorgung reduziert nicht nur die Kosten durch geringe bis nicht vorhandene Lieferkosten, sondern verhindert auch Preissteigerungen durch unterbrochene Lieferketten aus anderen Ländern.

9.5 Handwerk

Um den Wohlstand in Deutschland zu wahren und auszubauen, ist das Handwerk von zentraler Bedeutung. Denn ohne die Menschen in dieser Branche gäbe es keinen Wohnungsbau, keine Infrastruktur und auch nicht das gute Fleisch vom Metzger nebenan. Dennoch leiden die Hand­werksberufe unter einem chronischen Mangel an Nachwuchs und über 250.000 Stellen sind deutschlandweit unbesetzt. Um diesem Missstand entgegenzuwirken, ist es notwendig, die Ausbildung wieder attraktiv zu machen. Da sich immer weniger Abiturienten für eine Ausbildung entscheiden, möchten wir mehr Ausbildungen im Zuge eines dualen Studiums ermöglichen. Auch bedarf es vermehrter Aufklärung, um typische Anti-Handwerk-Klischees aus der Welt zu schaffen. Für körperlich sehr belastende Handwerksberufe möchten wir außerdem staatliche Umschulungsmaßnahmen zur Verfügung stellen, um beispielsweise älteren oder invalide gewordenen Personen zu ermög­lichen, einen körperlich weniger anstrengenden Job zu verrichten.

10. Säkularisierung

In einer modernen Gesellschaft müssen Bürger nicht nur jederzeit das Recht haben, ihre weltanschaulichen und religiösen Überzeugungen frei zu wählen, sondern auch unberührt von den Überzeugungen anderer leben zu können. Religiöse und weltanschauliche Werte und Normen dürfen keinen Einfluss auf das Alltagsleben von Nicht- oder Andersgläubigen sowie auf staatliche Institutionen und Gesetze haben. Die Bekenntnisfreiheit steht nicht über den Rechten Dritter. Deshalb streben wir eine strikte Trennung von Staat und Religionen an.

10.1 Staatsleistungen

Die Kirchen haben gegenwärtig einen großen Einfluss auf unser gesellschaftliches und politisches Leben und genießen zahlreiche Privilegien. Unter anderem erhalten sie erhebliche Zahlungen von staatlicher Seite, sogenannte Staatsleistungen, und die Kirchensteuern werden in Deutschland von den Finanzämtern eingezogen. Eine Ausnahme bildet der Freistaat Bayern, in dem die Kirchensteuer zwar von den Finanzämtern festgesetzt, aber vom Kirchensteueramt eingezogen wird. Der Verfassungsauftrag zur Ablösung der Staatsleistungen besteht seit über hundert Jahren, wird aber nicht umgesetzt. Obwohl im Grundgesetz die weltanschauliche und religiöse Neutralität des Staates festgeschrieben ist, wird sie in diesem Punkt nicht erfüllt und damit gegen die Verfassung verstoßen. Wir fordern ein Ende der Bevorzugung der Kirche gegenüber anderen Institutionen. Die Staats­leistungen sowie die Übernahme der Gehälter kirchlicher Würdenträger durch den Staat sind einzustellen. Außerdem sollen die Kirchen wie jede andere Organisation ihre Mitgliedsbeiträge (Kirchensteuer) selbst festsetzen und einziehen. Das Finanzamt soll diese Aufgabe nicht weiter für die Kirchen übernehmen.

10.2 Kirchliches Arbeitsrecht

Die Kirchen sind nach dem öffentlichen Dienst der zweitgrößte Arbeitgeber in Deutschland. Insgesamt beschäftigen sie rund 1,8 Millionen Menschen, davon etwa 225.000 in Bayern. Hier zeigt sich das nächste Privileg, denn anders als für andere Arbeitgeber gilt für sie nicht das allgemeine Arbeitsrecht, sondern ihnen wird ein eigenes gewährt. Das kirchliche Arbeitsrecht nimmt den Beschäftigten zum Beispiel das Streikrecht. Auch das Gleichbehandlungsgesetz gilt hier nicht. Dadurch können Menschen, die nicht dem Idealbild der Kirche entsprechen, legal diskriminiert werden. Das ist in jeder Hinsicht ein unhaltbarer Zustand und wir fordern, das allgemeine Arbeitsrecht auch für die Kirchen verbindlich einzuführen.

10.3 Kreuzerlass

2018 erließ Markus Söder (CSU) den berüchtigten Kreuzerlass, der vorsieht, dass in bayerischen Behörden aufgrund der kulturellen und geschichtlichen Prägung ein christliches Kreuz auf­gehängt werden muss. Der Fall wurde schon mehrfach vor Gericht verhandelt, ein abschließen­des Urteil steht noch aus. Das Bundesverfassungsgericht hat bereits 1995 entschieden, dass das Kreuz ein christliches Symbol ist, womit der Kreuzerlass gegen das Gebot der weltanschaulichen Neutralität verstößt. Religiöse Symbole haben in öffentlichen Einrichtungen wie Behörden, aber auch in Schulen nichts zu suchen. Wir fordern die sofortige Aufhebung des Kreuzerlasses und die Entfernung religiöser Symbole aus öffentlichen Gebäuden.

10.4 Kirchenglocken

Kirchen dürfen aus sakralen Gründen rechtlich geschützt ihre Glocken läuten. Dabei gelten keine immissionsschutzrechtlichen Bestimmungen, denn der kirchenkulturelle Hintergrund des Glockengeläuts wird höher gewichtet als das Ruhebedürfnis der Anwohner. Darüber hinaus wird auch aus sogenannten weltlichen Gründen geläutet. Häufig handelt es sich dabei um Über­bleibsel aus dem Mittelalter wie beispielsweise den Stundenschlag. Das Läuten der Glocken ist inzwischen veraltet und überflüssig. Mobile Technik ermöglicht es uns, die Uhrzeit jederzeit selbst zu lesen. Vor Gericht wird oft argumentiert, dass Anwohner wüssten, worauf sie sich einlassen, wenn sie in die Nachbarschaft einer Kirche ziehen. Dieses Argument ist für uns nicht akzeptabel, da große Teile der Städte und praktisch jedes Dorf um eine Kirche herum gebaut sind. Wir wollen ein generelles Verbot des Glockenläutens durch­setzen, um den Anwohnern ihre Ruhezeiten zu ermöglichen. Lediglich zu Alarmzwecken soll es Kirchen vor allem in ländlichen Gebieten im Notfall erlaubt sein.

11.1 Selbstbestimmung

Individuelle Freiheit ist die wichtigste Voraussetzung für ein erfülltes und selbstbestimmtes Leben. Der Staat hat grundsätzlich nicht zu bestimmen, was für einen erwachsenen Menschen richtig ist und welche Entscheidungen er für sein Leben trifft. Er tritt nicht als Vormund seiner Bürger auf, sondern hilft ihnen, ihr Leben frei und selbstbestimmt zu gestalten, indem er ihre Grundrechte schützt. Zu diesen Grundrechten gehört für uns insbesondere die körperliche Selbstbestimmung. Leih­mutterschaft und Sexarbeit sind daher ein legitimer Umgang mit dem eigenen Körper. Der Staat darf sich solchen Entscheidungen nicht aufgrund konservativer oder gar religiös motivierter Vorurteile entgegenstellen. Auch Drogenkonsum ist für uns eine Frage der Selbstbestimmung, die mündigen Erwachsenen nicht abgenommen werden darf. In all diesen Bereichen muss der Staat für Schutz sorgen. Sexarbeiter müssen vor Ausbeutung geschützt werden. Kinder verdienen Schutz vor unnötigen körperlichen Eingriffen wie der religiös motivierten Beschneidung. Ungewollt Schwangere sollen das Recht auf leicht zugängliche Informationen über Schwangerschaftsabbruch und dessen Durchführung haben. Drogenkonsu­menten sollen zu legalen Konsumenten werden und damit auch in den Genuss von Verbraucher­schutzrechten kommen. Dadurch können zusätzliche Gesundheitsrisiken, beispielsweise durch gestreckte Drogen, vermindert werden. Die Bürger unseres Landes verdienen Rechte, die es ihnen ermöglichen, sie selbst zu sein.

11.2 LGBTQ+

Individuelle Freiheit und Selbstbestimmung sind hohe Güter doch erst 2017 wurde die „Ehe für alle“ eingeführt und noch immer gibt es Strömungen in unserer Gesellschaft, die nur traditionelle sexuelle und geschlechtliche Orientierungen akzeptieren. Dass queere Menschen diskriminiert, gemobbt, misshandelt oder sogar getötet werden, ist ein nicht hinnehmbarer Zustand, dem wir entgegentreten müssen. Wir sehen das „Anderssein“ von Menschen nicht als Schwäche, sondern als Ausdruck von Vielfalt, die diese Gesellschaft stärkt. Um queerfeindlichen Handlungen entgegenzuwirken, fordern wir zunächst, dass sich Bayern dafür einsetzt, Art. 3 Abs. 3 GG um die „sexuelle Orientierung“ zu erweitern und damit grund­rechtlich zu schützen. Darüber hinaus sollen Landes- und Bezirksregierungen einen Queer­beauftragten ernennen, der die Koordination von Maßnahmen gegen Queerfeindlichkeit vorantreibt. Dazu gehört auch die Benennung von Ansprechpartnern bei der örtlichen Polizei und den Kommunen sowie die Schaffung und finanzielle Förderung sogenannter „Safespaces“ durch die öffentliche Hand.

11.3 Legalisierung

Die bisherige Drogenpolitik ist aus unserer Sicht gescheitert. Sie vermag weder den Konsum zu reduzieren noch den von problematischem Konsum Betroffenen wirklich zu helfen. Durch das Abdrängen von Konsumenten und Anbietern in die Illegalität werden internationale kriminelle Strukturen gefördert. Mit der von uns angestrebten Legalisierung von Drogen schaffen wir auch die Möglichkeit eines verantwortungsbewussten Konsums. Dieser zeichnet sich nämlich dadurch aus, dass der Konsument die Risiken seines Handelns kennt und sie so weit wie möglich reduziert, wobei insbesondere die (fahrlässige) Schädigung Dritter zu vermeiden ist. Die Aufgabe des Staates ist es, das Verantwortungsbewusstsein der Konsumenten zu fördern, indem er umfassende und dem aktuellen Stand der Wissenschaft entsprechende Informationen über alle bekannten psychoaktiven Substanzen zur Verfügung stellt und über „Harm Reduction“ und „Safer-Use“-Strategien aufklärt. Wenn die notwendigen Qualitätskontrollen vorhanden sind und eine Mani­pulationen der Substanzen ausschließen, kann der Konsument zu einer korrekten Einschätzung seines Konsums gelangen. Unser Ziel ist, dass diese Qualitätskontrollen ähnlich wie bei den derzeit angebotenen psychoaktiven Substanzen Alkohol und Tabak umgesetzt werden. Wir fordern daher eine Einstufung des Gefährdungspotentials psychoaktiver Substanzen nach wissenschaftlichen Kriterien vorzunehmen, auch bei den bereits legal erhältlichen Drogen Alkohol und Tabak. Es müssen legale Erwerbsmöglichkeiten geschaffen werden, um kriminellen Kartellen die Machtbasis zu entziehen und so einen Rückgang der Beschaffungskriminalität zu erreichen. Gut informierte Bürger, die verantwortungsvolle Entscheidungen im Umgang mit psychoaktiven Substanzen treffen, sind unser Ziel. Aufklärung und nicht verunreinigte Sub­stanzen entlasten zudem das Gesundheitssystem und sparen Kosten und Ressourcen bei der polizeilichen Drogenfahndung. Durch die kontrollierte Abgabe können außerdem zusätzliche Steuern eingenommen werden, mit denen dann beispielsweise Aufklärungskampagnen finanziert werden.

11.4 Sterbehilfe

Wir sind der Überzeugung, dass die Entscheidung über eine aktiv herbeigeführte Beendigung des eigenen Lebens allein bei einem selbst liegen sollte. Als Humanisten sind wir der Auffassung, dass hier allein der frei geäußerte Wille des Patienten ausschlaggebend ist. Und in vielerlei Hinsicht ist diese Maxime in den letzten Jahren bereits umgesetzt worden, etwa in Form von Patientenverfügungen. Wird ein Patient nach einem Unfall künstlich beatmet, hat aber in seiner Patientenverfügung festgelegt, dass er dies nicht wünscht, ist der behandelnde Arzt verpflichtet, das Beatmungsgerät abzuschalten und den Patienten so sterben zu lassen. Wir fordern den gleichen Respekt vor dem Patientenwillen auch in Situationen, in denen keine akute Lebensgefahr besteht, damit Menschen selbstbestimmt, schmerzfrei und in Würde sterben dürfen. Wir wollen die Respektierung des frei geäußerten Sterbewunsches und die Legalisierung der Bereitstellung eines tödlichen Medikaments wie Pentobarbital durch den behandelnden Arzt, um einen sanften Suizid zu ermöglichen. Dazu ist die Straffreiheit der Tötung auf Verlangen (aktive Sterbehilfe) im § 216 StGB für medizinisches Fachpersonal bei eindeutiger Willensbekundung notwendig. Die bisherige Regelung der Straffreiheit bei Verzicht auf lebensverlängernde Maß­nahmen (Sterbenlassen / passive Sterbehilfe) muss beibehalten werden. Wir wollen Rechts­sicherheit durch klare gesetzliche Regelungen schaffen. Im Fall der Sterbehilfe dürfen daher auch keine juristischen Folgen nach § 323c StGB (unterlassene Hilfeleistung) eintreten.

11.5 Sexarbeit

Sexarbeit ist eine Tätigkeit, die zweifellos mit Vulnerabilität und einem hohen Potenzial für Ausbeutung und Missbrauch verbunden ist. Es gibt aber auch Menschen, die selbstbestimmt und freiwillig der Sexarbeit nachgehen, um ihren Lebensunterhalt zu sichern. Die Gesetzgebung muss beiden Aspekten gerecht werden. Eine Kriminalisierung der Sexarbeit, wie sie beispiels­weise von Anhängern des nordischen Modells bevorzugt wird, führt zu keiner Verbesserung der Situation. Die Verdrängung von Sexarbeit in die Illegalität erschwert vielmehr die staatliche Kontrolle, verschlechtert damit die Arbeitsbedingungen der Sexarbeiter und verstärkt die bereits bestehende gesellschaftliche Stigmatisierung. Wir fordern die Legalisierung der Sexarbeit nach neuseeländischem Vorbild und die damit ver­bundene Anerkennung als Beruf. Leicht zugängliche Beratungsstellen sowie Ausbildungs- und Umschulungsangebote sollen Sexarbeiter unterstützen und, sofern gewünscht, Alternativen aufzeigen. Politische Veränderungen in anderen Politikbereichen wie die Einführung eines Grundeinkommens und eine rationale Drogenpolitik sollen sicherstellen, dass Sexarbeit selbst­bestimmt stattfindet. Wir möchten Gewerkschaften und Verbände in die Entwicklungsprozesse von Gesetzen einbeziehen, um sicherzustellen, dass die Interessen und Bedürfnisse von Sex­arbeitern berücksichtigt werden.

12. Soziale Gerechtigkeit

Eine Gesellschaft muss die Chance auf individuellen Wohlstand bieten, Teilhabe und Selbst­verwirklichung ermöglichen und Sicherheit, Gesundheit und Bildung für alle ihre Mitglieder gewährleisten. Dazu muss sie insbesondere ihre schwächsten Mitglieder schützen und fördern. Deshalb stellen wir den Menschen als Individuum in den Fokus unserer Politik. Humanistische Sozialpolitik setzt auf Hilfe zur Selbsthilfe, Chancengleichheit und Unterstützung in der Not. Im Mittelpunkt steht für uns die Selbstbestimmung des Einzelnen. Wir sind überzeugt, dass der Beitrag zum Wohl unserer Gesellschaft so vielfältig sein kann wie die Menschen, die in ihr leben. Wir trauen den Menschen zu, selbst zu entscheiden, ob dieser Beitrag in Form von Erwerbsarbeit, Sorgearbeit, Selbstständigkeit, ehrenamtlicher Tätigkeit, künstlerischer Betäti­gung oder anderer gemeinwohlorientierter Tätigkeit geleistet wird. Deshalb treten wir für ein Grundeinkommen ein. Unser Ziel ist es, dass jeder Mensch frei von Zwängen und Existenz­ängsten seinen eigenen Lebensentwurf verwirklichen kann. Wir machen uns zudem für die bundesweite Intensivierung des sozialen Wohnungsbaus und die Unterstützung von Wohnungsgenossenschaften stark. Housing-First-Projekte zur Bekämpfung von Obdachlosigkeit wollen wir flächendeckend einführen.

12.1 Familien

Entscheidend für eine gute Kindheit sind Zuwendung und Fürsorge durch Erziehungsberechtigte und Bezugspersonen. Die Entwicklungen der letzten Jahrzehnte zeigen, dass sich neue Familienmodelle etablieren und dass in einer sich wandelnden Gesellschaft neue Heraus­forderungen auf Kinder und Erziehungsberechtigte zukommen. Deshalb möchten wir mit unserer Familienpolitik die gesamtgesellschaftliche Verantwortung für das Kindeswohl betonen. Wir wollen die UN-Kinderrechte konsequent umsetzen: Das Wohl der Kinder steht im Mittelpunkt unserer Familienpolitik und hat im Zweifel Vorrang vor den Interessen der Eltern. Das traditionelle Familienbild möchten wir erweitern und für andere Familienmodelle öffnen. Eine Familie ist für uns eine Gemeinschaft von Menschen, die sich für ein Zusammenleben in gegenseitiger Fürsorge und Verantwortung entscheiden. Das Geschlecht der Partner spielt dabei keine Rolle. Wir setzen uns für ein Familienrecht ein, das sich an den Bedürfnissen der Kinder ausrichtet, und machen uns für eine Kindergrundsicherung stark, die höher ist als das heutige Kindergeld, damit Kindererziehung nicht zum Armutsrisiko wird. Um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu gewährleisten, fordern wir einen flächendeckenden und kostenlosen Zugang zu weltanschaulich neutralen Kindertagesstätten. Darüber hinaus fordern wir die voll­ständige rechtliche Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften. Dazu gehören das Adoptionsrecht und die automatische Anerkennung der Elternschaft bei der Geburt eines Kindes. Auch getrenntlebende Eltern mit gemeinsamen Kindern gelten für uns als Familie, neue Partner gehören dazu. Wie auch in der 2015 vom Europarat verabschiedeten „Resolution 2079“ vorgesehen, setzen wir uns für ein paritätisches Betreuungsmodell als rechtliches und gesell­schaftliches Leitbild im Familienleben und nach Trennungen ein. Dazu gehören ein rechtlich gleichberechtigter Aufenthalt der Kinder bei beiden Elternteilen und eine ausgewogene Auf­teilung der Betreuungszeiten unabhängig vom Familienstand. Kinder- und Familienförderungen wollen wir dabei auf alle Elternhäuser gleichmäßig verteilen und insgesamt so anpassen, dass die Bedürfnisse der Kinder auf allen Seiten ohne Existenzsorgen erfüllt werden. Abweichende Regelungen sollen weiterhin möglich sein, wenn entweder das Kindeswohl nachweislich gefährdet ist oder sie einvernehmlich getroffen werden. Wir unterstützen Maßnahmen, die die Bindung der Kinder zu ihren Bezugspersonen erhalten und fördern, beispielsweise verpflichtende Mediationen. Bereits in der Schule soll das Thema Elternschaft auf dem Lehrplan stehen, um psychischen Belastungen der Kinder vorzubeugen. Kinder brauchen auch leicht zugängliche und geschulte Ansprechpartner in Notsituationen und eine rechtliche Vertretung, die ihre Interessen unabhängig von den Erziehungsberechtigten wahrnimmt.

12.2 Grundeinkommen

Wir sehen im Grundeinkommen einen wichtigen Beitrag zur Lösung der drängendsten sozialen Probleme. Durch die Einführung eines Grundeinkommens erhält jeder einzelne Bürger in Deutschland eine finanzielle Grundlage, die es ihm ermöglicht, sich frei von Existenzsorgen zu entfalten. Damit bekämpfen wir nicht nur Armut als solche, sondern können auch Folge­erscheinungen wie Existenzangst, Krankheit, soziale Isolation oder Kriminalität verringern. Wir wollen, dass jeder Mensch die Chance hat, seinen Lebensweg frei zu gestalten. Mit dem Grund­einkommen erkennen wir an, dass dabei auch die notwendige finanzielle Ausstattung eines Menschen eine wichtige Rolle spielt, und schaffen Rahmenbedingungen, die jedem Menschen ein menschenwürdiges und selbstbestimmtes Leben ermöglichen. Mit einem Grundeinkommen werden neue Wege beschritten, die auch Risiken und Schwierig­keiten hinsichtlich Akzeptanz, Verhaltensänderungen und Belastungen mit sich bringen. Deshalb möchten wir eine schrittweise Einführung, um Fehlentwicklungen rechtzeitig erkennen und korrigieren zu können. Kurzfristig unterstützen wir auch Maßnahmen, die das Arbeitslosengeld und das Bürgergeld in Richtung einer humaneren Grundsicherung reformieren. Dazu gehören die Abschaffung von Auflagen, Sanktionen und Vermögensprüfungen sowie die Erleichterung von Zuverdienstmöglichkeiten, insbesondere auch für Kinder von Transferleistungsempfängern. Voraussetzung für die Finanzierung eines Grundeinkommens ist ein starker Wirtschaftsstandort mit produktiven Leistungsträgern. Das Grundeinkommen kann einen wichtigen Beitrag dazu leisten, unsere Gesellschaft an eine sich verändernde Arbeitswelt anzupassen und den damit verbundenen Wandel positiv zu gestalten.

12.3 Inklusion

Inklusion verbindet die individuellen Stärken, Besonderheiten und Perspektiven jeder Person im Rahmen einer Gesellschaft. Wir verstehen Inklusion als das Recht jedes Menschen, verschieden zu sein und gleichberechtigt am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben. Eine inklusive Gesell­schaft erkennt die Vielfalt der Menschen an und schätzt diese, ist offen für neue Ideen und neugierig auf Andersartigkeit. Sie fördert und fordert Menschen nach ihren Möglichkeiten und bietet jedem Einzelnen Teilhabe und Chancengleichheit. Inklusion ist für uns nicht nur ein gesell­schaftliches Prinzip der Wertschätzung, Akzeptanz und Solidarität, sondern auch Teil der unantastbaren Menschenwürde. Wir stehen für ein inklusives Miteinander in allen gesellschaftlichen Bereichen, unabhängig von Herkunft, Geschlechtsidentität oder sexueller Orientierung, Religionszugehörigkeit oder Welt­anschauung sowie sozialen, ökonomischen oder sonstigen Voraussetzungen. Die Teilhabe von Menschen mit körperlichen oder psychischen Einschränkungen wollen wir ganz im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention (CRPD) fördern. Wir setzen uns daher für eine konsequente Umsetzung der Inklusion am Arbeitsplatz, beim Wohnen und in der Freizeit ein. Wir möchten Unternehmen mit Beratungsangeboten bei ihren Inklusionsbemühungen unterstützen und gleichzeitig den Zugang zu Hilfen für Personen mit Beeinträchtigungen vereinfachen und ent­bürokratisieren. Der Staat muss eine Vorbildfunktion einnehmen und alle staatlich finanzierten Angebote barrierefrei zugänglich machen. Dazu gehört auch, dass vom Staat in Auftrag ge­gebene Wohnungen behinderten- und seniorengerecht gebaut werden. Darüber hinaus fordern wir, dass Schulen auch für Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen ausgestattet werden. So sollten unter anderem spezielle Ruheräume eingerichtet und die Prüfungsbedingungen angepasst werden.

13. Gesundheit

Dank wissenschaftlicher Durchbrüche und technologischer Fortschritte hat die moderne Medizin Lebenserwartung und -qualität vieler Menschen in den letzten Jahrzehnten drastisch verbessert. Gleichzeitig sind die Schwächen unseres Gesundheitssystems deutlich geworden. Das Fallpauschalensystem, die strukturelle Unterversorgung benachteiligter Bevölkerungs­gruppen, grassierende Fehlinformationen und Pseudomedizin, Überbürokratisierung und Profit­orientierung der Versorgungsstrukturen sowie der Mangel an qualifiziertem Personal gefährden langfristig die Gesundheit der Bevölkerung. Mit unserer humanistischen Gesundheitspolitik können wir diese Probleme angehen und unsere Vision eines zukunftsfähigen, patienten­orientierten Gesundheitswesens verwirklichen.

13.1 Pflege

Die Pflege ist nicht nur elementar für ein funktionierendes Gesundheitssystem, sondern trägt auch entscheidend dazu bei, hilfsbedürftigen Menschen ein Leben in Würde und Selbst­bestimmung zu ermöglichen. Der Pflegenotstand ist eines der drängendsten Probleme unserer alternden Gesellschaft. Die Pandemie durch COVID-19 hat eindrucksvoll gezeigt, woran es schon lange mangelt: mehr als 120.000 Pflegefachkräfte fehlen. Die Ursachen dafür sind vielfältig: mangelnde Anerkennung als eigenständige Fachexperten, der demografische Wandel, miserable Arbeitsbedingungen, schlechte Bezahlung und vieles mehr. Die Wertschätzung von Pflegekräften und anderen Gesundheitsberufen wie beispielsweise medizinischen Fachangestellten muss sich sowohl in der Berufspraxis als auch in der Gesellschaft verbessern. Dazu fordern wir endlich eine angemessene Bezahlung in bundeseinheitlichen Tarifverträgen; Ausnahmen für kirchliche Träger darf es nicht mehr geben. Um den Beruf auch im Alter und mit Familie attraktiver zu gestalten, möchten wir flexible Arbeitszeitmodelle fördern und die strikte Einhaltung des Arbeitsschutzes durchsetzen. Außerdem wollen wir verbindliche Personal­untergrenzen unter anderem für Intensivstationen und Notaufnahmen festlegen. Pflegerische Perspektiven müssen in allen Bereichen stärker berücksichtigt werden. Wir wollen den Aufbau der Selbstverwaltung in den Pflegekammern fördern und Pflegekräfte in die entscheidenden Gremien berufen. Perspektivisch möchten wir die Professionalisierung des Berufs weiter vorantreiben und neue Tätigkeitsfelder erschließen.

13.2 Solidarische Bürgerversicherung

n Deutschland existiert ein duales Krankenversicherungssystem. Beamte, Selbstständige und Personen, deren Einkommen über der Versicherungspflichtgrenze liegt, können sich der soli­darischen Finanzierung der gesetzlichen Krankenkassen entziehen und sich privat versichern lassen. Das schafft für einige Menschen Privilegien wie beispielsweise einen teilweise günstigeren Beitragssatz bei einem deutlich erweiterten Leistungsangebot. Das ist mit einer humanistischen Gesundheitspolitik nicht vereinbar. Jeder Mensch sollte unabhängig von seinem Einkommen Zugang zur bestmöglichen medizinischen Versorgung haben. Wir setzen uns daher für die Einführung einer solidarischen Bürgerversicherung ein, in die jeder Bürger einkommensabhängig Beiträge einzahlt. Ein einheitlicher, nach rationalen Gesichts­punkten festgelegter Leistungskatalog und ein geringerer Verwaltungsaufwand würden die Kosten senken und allen Menschen unabhängig vom Einkommen eine optimale Versorgung ermöglichen. Private Krankenvollversicherungen wollen wir schrittweise abschaffen und in frei­willige Zusatzversicherungen überführen, beispielsweise für nicht evidenzbasierte Verfahren. Die Vergütung medizinischer Leistungen soll an die Qualität der Versorgung gekoppelt werden.

13.3 Evidenzbasierte Medizin

Die medizinische Versorgung darf sich nicht auf Meinungen und Traditionen stützen, sondern auf den wissenschaftlichen Nachweis ihrer Wirksamkeit. Medizinische Methoden entwickeln sich ständig weiter und werden durch den wissenschaftlichen Fortschritt zum Wohl der Pa­tienten verbessert. Trotzdem haben viele Menschen auch heute noch irrationale Vorstellungen davon, was Krankheit ist, wie sie entsteht und wie sie überwunden werden kann. Beispiele dafür sind die Lehren der Anthroposophie, die Homöopathie oder bestimmte religiöse Vorstellungen. Dementsprechend werden „Heilmethoden“ angewandt, deren Nutzen nicht über den Placebo­effekt hinausgeht und deren angebliche Wirkungsweise den Naturgesetzen widerspricht. Um dem entgegenzuwirken, verlassen wir uns nicht auf subjektive Erfahrungen, sondern auf nach­vollziehbare wissenschaftliche Studien. Wir fordern, dass Pseudomedizin ohne wissenschaftlichen Wirksamkeitsnachweis keine Kassenleistung mehr sein darf. Dazu gehört auch die Aufhebung der Apothekenpflicht für Mittel, deren Wirksamkeit nachweislich nicht über den Placeboeffekt hinausgeht, sowie die Ab­schaffung von Ausnahmeregelungen von den gängigen wissenschaftlichen Anforderungen für die Zulassung von Heilmitteln. Sogenannte Alternativmedizin darf nicht durch irreführende Wer­bung als medizinisch wirksam angepriesen werden und muss entsprechend gekennzeichnet sein. An Hochschulen dürfen keine pseudowissenschaftlichen Lehr- und Forschungsinhalte angeboten werden. Stattdessen müssen Gesundheitsbildung und Erziehung zu wissenschaft­licher Methodik und kritischem Denken intensiviert werden.

14. Demokratie

Die Demokratie ist die beste Staatsform, um allen Menschen politische Teilhabe zu ermöglichen, und zugleich die einzige, die mit humanistischen Werten vereinbar ist. Im bayerischen Wahlsystem sehen wir allerdings einige Defizite, die unsere Demokratie schwächen. Das wollen wir durch zielgerechte Anpassungen verbessern.

14.1 Wahlsystem

Bayern hat eines der komplexesten Wahlsysteme in Deutschland, was zur Folge hat, dass zu den Landtags- und Bezirkswahlen deutlich weniger Parteien antreten als im Rest der Republik. Während in fast allen anderen Bundesländern eine einzelne Kandidatenliste für das gesamte Land aufgestellt wird, ist in Bayern für jeden Regierungsbezirk eine eigene Liste erforderlich, für die kleine Parteien in der Regel jeweils Unterstützerunterschriften benötigen. Insgesamt müssen nicht etablierte Parteien rund 8.500 Unterschriften sammeln, um bayernweit antreten zu dürfen. Zum Vergleich: Bei der Bundestagswahl sind das für ganz Bayern nur 2.000 Unterschriften. Für Kleinparteien, deren personelle und finanzielle Ressourcen im Gegensatz zu den großen, vom Staat finanziell unterstützten Parteien stark limitiert sind, ist das eine schwer zu stemmende Hürde. Weitere Alleinstellungsmerkmale des bayerischen Wahlsystems sind der Wahlzettel und die Stimmenauszählung. So werden Stimmen für Direktkandidaten mit den Zweitstimmen zu einer Gesamtstimmenzahl addiert; eine Partei kann also zwei Stimmen von einem Wähler erhalten. Dadurch werden aber die Hürden für kleinere Parteien weiter hochgeschraubt, weil Parteien ohne eigenen Direktkandidaten in einem Bezirk nur eine statt zwei Stimmen bekommen können. Bayern hat zudem eine landesweite Fünf-Prozent-Hürde, jedoch ohne eine Ausnahmeklausel, die wie bei der Bundestagswahl auch den Einzug bei mindestens drei gewonnenen Direkt­mandaten erlaubt. Durch die personelle Herausforderung, überhaupt in jedem Regierungsbezirk, geschweige denn in jedem Stimmkreis einen Direktkandidaten aufstellen zu können (s. o.), wird diese Hürde noch schwerer erreichbar als bei der Bundestagswahl. Dasselbe gilt somit für die Parteienfinanzierung, die erst ab einem bayernweiten Stimmanteil von 1% greift. Je weniger Direktkandidaten eine Partei aufstellen kann, desto höher ist de facto die Hürde. Wir halten das für einen nicht tragbaren Zustand, denn so wird politischer Wechsel stark erschwert. Es schadet der Demokratie, die vom Mitbestimmungsrecht der Menschen und der Aussicht auf Veränderung lebt. Wir fordern eine Reform dieses Wahlsystems, um Kleinparteien eine bessere politische Teilhabe zu ermöglichen und so demokratische Vielfalt zu stärken. Die Anzahl benötigter Unterstützerunterschriften sollte für jeden Bezirk so gesenkt werden, dass bayernweit ähnliche Verhältnisse wie bei einer Bundestagswahl gelten. Außerdem fordern wir, dass die Zusammensetzung des Landtags sich wie bei der Bundestagswahl nach dem Zweit­stimmenergebnis richtet. Noch demokratischer wäre das von uns unterstützte Konzept der Präferenzstimme: Wenn sich ein Wähler unsicher ist, ob es seine bevorzugte Partei ins Parlament schafft, kann er eine Ersatz­stimme für eine zweite Partei abgeben. So „verschenkt“ kein Wähler seine Stimme, wenn er eine neue oder kleine Partei wählt.

14.2 Wahlalter

Da der gewählte Landtag über die Zukunft der nächsten Generationen in Bayern mitentscheidet, hat er auch eine Verantwortung dafür, den Willen junger Menschen zu berücksichtigen. Durch das in Bayern geltende Mindestwahlalter von 18 Jahren wird ihr aber die politische Teilhabe erschwert. Daher fordern wir, das Wahlalter für Landtagswahlen in Bayern auf 16 Jahre zu senken.

14.3 Ministerpräsidentenamt

Der Ministerpräsident ist das höchste politische Amt im Freistaat Bayern. Ein Kandidat dafür muss nach geltendem Recht ein Mindestalter von 40 Jahren erreicht haben. Die Anzahl der maximalen Amtszeiten ist dabei nicht beschränkt, sodass eine Person dieses Amt unbegrenzt oft ausüben kann, sofern sie wiedergewählt wird. Um Korruption und anderem Amtsmissbrauch vorzubeugen, fordern wir, dass eine Person maximal zwei Legislaturperioden als Ministerpräsident amtieren darf. Außerdem wollen wir das geltende Mindestalter für diesen Posten abschaffen. Jedem gewählten und damit stimmbe­rechtigten Bürger möchten wir das Recht einräumen, dieses Amt auszuüben. Die konservative Ansicht, dass ein Ministerpräsident genügend Lebenserfahrung braucht, um das Amt ange­messen ausführen zu können, teilen wir nicht. Es gibt dafür keine Evidenz und junge Politiker mit neuen Ideen und Tatendrang werden so diskriminiert. Der Blick ins Ausland zeigt erfolgreiche Gegenbeispiele wie Sanna Marin (Finnland), Emmanuel Macron (Frankreich) und Jacinda Ardern (Neuseeland).

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