


Verschläft Europa die Food-Revolution?
Am 21.06.2023 haben die US-Behörden das erste Mal Fleischprodukte aus Zellkulturen zum Verkauf zugelassen [1]. Das ist aus unserer Sicht ein großartiger Meilenstein, da diese Produkte deutlich geringere Klima- und Umweltschäden verursachen und nicht zuletzt den Konsum von Fleischprodukten ohne Tierleid ermöglichen [2]. Wir hoffen, dass dieser weitere Durchbruch dieser Zukunftstechnologie nach ihrer ersten Zulassung 2020 in Singapur weiteren Aufwind geben wird und zellkulturbasierte Fleischprodukte möglichst bald für breite Bevölkerungsschichten verfügbar werden – wenn auch zunächst nur in den USA. Denn leider steht die erste Zulassung in der EU noch aus, und es steht zu befürchten, dass sich das aufgrund der Novel-Food-Verordnung noch lange hinziehen wird. Novel Foods sind neuartige Zutaten, Lebensmittelgruppen oder Technologien, die vor dem 15. Mai 1997 in der Europäischen Union (EU) noch nicht in relevanten Mengen für den menschlichen Verzehr verwendet wurden. In Europa müssen Novel Foods eine Zulassung durch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) erhalten, bevor sie auf den Markt gebracht werden dürfen. Die Zulassung ist jedoch zurzeit ein langwieriger und kostspieliger Prozess, der oft mehrere Jahre dauern kann und viele Ressourcen erfordert. Ein weiterer Aspekt ist die bisweilen negative öffentliche Wahrnehmung. Novel Foods werden häufig als unnatürlich oder gar gefährlich angesehen. Gleichzeitig steigt aber die Nachfrage nach alternativen Proteinquellen und nachhaltigen Lebensmitteln stetig an. Ebenso wird oft vergessen, wie viele ehemalige Novel Foods heute nicht mehr wegzudenken sind. Besonders in Bezug auf die Klimakrise ist die Förderung und Innovation von Novel Foods richtig und wichtig. Trotz regulatorischer Vereinfachungen im Jahr 2018 (Regulation EU 2015/2283) und des daraus resultierenden Anstiegs von Novel-Food-Anmeldungen besteht für Deutschland und Europa die Gefahr, den internationalen Anschluss zu verpassen. Ein Vorbild könnte Singapur sein: Die zuständige Behörde, die „Singapore Food Agency“ (SFA), unterstützt eine beschleunigte Zulassung für Novel Foods und erleichtert somit die Markteinführung neuer Novel-Food-Produkte. Abbildung 1: Angenommene Anträge für neuartige Lebensmittel, die von Januar 2003 bis Dezember 2019 in die Risikobewertung der EFSA eingegangen sind [3]. Natürlich erkennen wir die Wichtigkeit einer umfassenden Zulassungskontrolle für die Produktion von Novel Foods an, allerdings darf der regulatorische Prozess nicht ein Hindernis für Innovation und Fortschritt darstellen. Wir setzen uns daher für mehr Investitionen in die weitere Entwicklung sowie eine auf wissenschaftlichen Kriterien basierende Überprüfung der Produktion und Nutzung dieser Lebensmittel ein. Jedoch sollte die Überprüfung der Verträglichkeit dieser Produkte ohne unnötig aufgeblähte bürokratische Hürden erfolgen. Auf diese Weise könnte der Eintritt von Novel Foods in den europäischen Markt vereinfacht werden. Wir hoffen auch, dass die Erfahrungen der amerikanischen Zulassung hilft, das Thema bei den europäischen Behörden und Politikern präsenter zu machen. Die Entwicklung von Zukunftstechnologien wie dieser sollte auch in Europa stattfinden! Quellen: [1] Tagesschau, 2023. USA genehmigen Verkauf von Labor-Fleisch [2] Partei der Humanisten, 2022. Fleischprodukte aus Zellkultur [3] Ermolaos Ververis et al. Novel foods in the European Union: Scientific requirements and challenges of the risk assessment process by the European Food Safety Authority, Food Research International, 137, 109515, 2020

Video: Schwurbel in der Charite!
Unser Kandidat für das Europaparlament Alexander Weiglin sagt dazu Folgendes: Die Charite in Berlin ist eine der größten europäischen Universitätskliniken. Sie hat große Nobelpreisträger wie zum Beispiel Robert Koch hervorgebracht. Doch genau hier kommt es zum großen Skandal. An der Charite gibt es eine anthroposophische Stiftungsprofessur. Anthroposophie ist eine okkulte Wahnvorstellung, die auf den kruden Theorien von Rudolf Steiner basiert. Einem Mann, der sich selber als Hellseher bezeichnet. Wir sagen ganz klar: Jeder Mensch darf sich aussuchen, woran er glauben möchte oder woran er nicht glauben möchte. Aber eine Institution wie die Charite muss sich der Wissenschaft und nur der Wissenschaft verpflichten. Wer seine kruden Theorien nicht mit wissenschaftlichen Erkenntnissen belegen kann, soll deshalb auf keinen Fall eine Stiftungsprofessur bekommen. Mehr dazu hier. Weitere Kurzvideos und Statements unserer Partei findest du hier: https://www.youtube.com/@Parteiderhumanisten/shorts.

Okkultismus an der Charité – Schande für Berlin und Deutschland
Wie kürzlich von der taz unter Berufung auf das Informationsfreiheitsgesetz vor Gericht recherchiert wurde [1], gibt es eine „Stiftungsprofessur Integrative und Anthroposophische Medizin“ [2] an der renommierten Charité, einer der größten Universitätskliniken Europas. Von hier kamen deutsche Nobelpreisträger wie Emil von Behring, Robert Koch oder Paul Ehrlich. Anthroposophie aber hat mit Wissenschaft nichts zu tun – sie ist Okkultismus in Reinform – was hat sie also an einem solchen Ort der Wissenschaft zu suchen? Nichts, meinen wir! Trotzdem „erforscht“ Prof. Dr. med. Harald Matthes, nebenbei auch Präsident der Deutschen Akademie für Homöopathie und Naturheilkunde, seit 2017 an der Charité die Wirkung von anthroposophischen Mistelpräparaten auf Krebserkrankungen. Warum? Offenbar, weil die Anthroposophen dafür gut zahlen. Dafür nimmt man in Kauf, dass die Behandlung von Krebs-Patienten mit Schlangenöl legitimiert wird und sich die Bewegung rund um eine gefährliche, anti-wissenschaftliche, esoterische Weltsicht mit einer Professur an der Charité schmücken kann. Über Anthroposophie Die Anthroposophie ist eine esoterische Lehre mit Vollprogramm, begründet vom 1925 verstorbenen selbsternannten „Hellseher“ Rudolf Steiner [3]. Wer glaubt, es ginge hier bloß um etwas magische Wellness, irrt gewaltig. Ein kleines Beispiel, basierend auf dem AnthroWiki, hinter dem die Anthroposophische Gesellschaft Österreich steht [4]: Der heutige Mars ist der anthroposophischen Lehre nach eine Wiederverkörperung des sog. alten Mondes, der dritten Verkörperung der Erde. Dort residieren vermeintliche Marswesenheiten, der führende Erzengel der Marssphäre ist Samael. Nachdem Buddha seine letzte irdische Inkarnation durchlebt hatte, ist er zum Mars aufgestiegen. Dieser korrespondiert außerdem mit dem Planetenmetall Eisen, dem Wochentag Dienstag, dem Baum Eiche und den Organen Galle und Kehlkopf. Die Marskräfte bewahren uns davor, dass die Wärme aus uns fließt, weshalb sie in uns konzentriert sein müssen, was sie in Form des Eisens in unserem Blut glücklicherweise sind. Anthroposophie ist antiwissenschaftlicher Hardcore-Okkultismus, ein esoterisches Wahnsystem. Lage in Deutschland Diese Spinnerei ist in Deutschland leider fest verwurzelt und hat handfeste Konsequenzen. In der sogenannten Biodynamischen Landwirtschaft, vor allem durch den Demeter-Verband bekannt, leiden Tiere darunter, dass sie im Krankheitsfall mit wirkungslosen anthroposophischen Zauber-Präparaten behandelt werden. An Waldorfschulen werden Kinder von den Lehrern gemäß der Steiner‘schen Temperamentenlehre nach vermeintlichen Wesenszügen eingeteilt, basierend auf dem „Karma“ des Kindes, das sich in Gesichtszügen, Körperbau, Verhalten, etc. äußere. [5, 6] Kinder werden in anthroposophischen Elternhäusern gegen manche gefährlichen Krankheiten wie Masern häufig nicht geimpft [7], weil Krankheiten nach Steiner mit ihrem Karma [8] zusammenhängen könnten, im Falle von Seuchen mit dem Volkskarma [9], und sie daher durchlebt werden müssten, um vermeintliche Schuld aus früheren Leben abzubauen. Krankheiten können – der Anthroposophie nach – aber auch an einem ungesunden Einwirken der höheren Wesensglieder (Ätherleib, das Ich, Astralleib) auf den physischen Leib liegen, weshalb die Heilung auch dort zu suchen sei. Die Steiner‘sche Lehre ist damit eine der Säulen deutscher Impfgegnerschaft, und Waldorfschulen sind immer wieder Zentrum von Masernausbrüchen [10]. Die Anthroposophie hat in Deutschland großen gesellschaftlichen Einfluss. Beispiele sind die Waldorfschulen (253 in Deutschland, 1.187 weltweit) und Waldorf-Kindergärten (564 in Deutschland, 1.817 weltweit) [11], Demeter-Bauernhöfe (über 37.091 in Deutschland) [12], Anthroposophische Medizin mit der pharmazeutischen Weleda-Unternehmensgruppe, sechs deutschen anthroposophischen Krankenhäusern und einigen Lehrstühlen, der GLS Gemeinschaftsbank und der Software AG – Stiftung, eine der größten Stiftungen Deutschlands. Menschen, die über Anthroposophie aufzuklären versuchen, berichten, dass klagefreudige Anwälte versuchten, sie mundtot zu machen. Anthroposophische Medizin hat in Deutschland sogar den gesetzlichen Status einer besonderen Therapierichtung. Wie bei der Homöopathie ist für ihre Präparate kein Wirksamkeitsnachweis nötig. Und auch in der Politik finden sich Anhänger oder Unterstützer [13,14]. Misteltherapie Was hat es nun also mit der anthroposophischen Misteltherapie gegen Krebs auf sich? Misteltherapie wird seit über 100 Jahren praktiziert und es konnte bis heute keine Wirksamkeit nachgewiesen werden [15,16,17] – aber das muss sie dank ihres Sonderstatus ja auch gar nicht. Die Wirksamkeit wird allein aus den hellsichtigen „Schauungen“ R. Steiners abgeleitet [18]. In dessen magischer Gedankenwelt reichte dafür die von ihm gezogene Analogie vom parasitären Wachstum der Mistel zu dem eines Krebs-Tumors. Dazu kommen dann weitere Absurditäten, wie dass Männer Mistel von Tanne, Eiche oder Ulme bekommen sollten, Frauen von Pinie, Linde, Esche oder Weide. Bei schnell wachsenden Tumoren nimmt man Mistel von der schnell wachsenden Pappel. Steiner hat zum Thema Mistel weit mehr geäußert, als sich hier sinnvoll wiedergeben lässt. Einige Auszüge: „Wenn man dasjenige ins Auge faßt, was insbesondere in der sich emanzipierenden Pflanzentätigkeit liegt, in dem, was dann kulminiert in der inneren Wirksamkeit der Parasiten, so hat man etwas, was hinneigt nach der Verinnerlichung der Imponderabilien. Dasjenige, was als Imponderabilien von dem Kosmos der Erde zuströmt, das wird in diesen Organen, wenn sie prädominieren, ebenso konserviert wie in der Phosphorsubstanz. So daß wir also sagen können: In einer gewissen Weise sind phosphorisch die Blüten und Samen und alles dasjenige, was zur Mistelbildung und dergleichen hinneigt. Und umgekehrt finden wir, wenn wir den Verwurzelungsprozeß studieren, dasjenige, was die Pflanze entwickelt, indem sie die Erde als ihren Muttergrund betrachtet, innig verwandt mit der Salzbildung. So daß gerade in der Pflanze uns diese beiden Polaritäten entgegentreten. Und in der vermittelnden Tätigkeit der Pflanze, die Sie ja immer sehen zwischen dem nach aufwärts strebenden Blutigen, Fruchtigen und dem nach unten Festwurzelnden, da haben Sie den Merkurialprozeß drinnen, dasjenige, was den Ausgleich herbeiführt. So daß Sie, wenn Sie nun die umgekehrte Stellung der Pflanze zum Menschen in Betracht ziehen, Sie sich sagen werden, daß alles dasjenige, was innerlich veranlagt ist zur Blüten- und Fruchtbildung,sehr stark Verwandtschaft haben muß mit den Organen des menschlichen Unterleibes und allen den Organen, die von dem menschlichen Unterleib aus orientiert werden, daß dann auch das Phosphorige sehr starke Verwandtschaft haben muß zu den Organen des menschlichen Unterleibes. […] Nun ist die Mistel zweifellos dasjenige, durch dessen Potenzierung man erreichen wird müssen das Ersetzen des Chirurgenmessers bei den Geschwulstbildungen. […]“ [19] Völlig absurdes Geschwurbel wie dieses ist tatsächlich Grundlage für die an der Charité studierten Pseudo-Therapien gegen Krebs! Die Mistelpräparate werden den Patienten auf eigene Kosten zusätzlich zu anderen Krebsbehandlungen meist gespritzt. Die Hersteller profitieren also vom Leid und der Verzweiflung teils schwerkranker Menschen, die hoffen, mit Esoterik ihre Heilungschance erhöhen zu können. Tatsächlich verursachen die Substanzen aber nur eine weitere Reizung des Immunsystems und können bei manchen Tumorarten

Das Silicon Saxony wächst weiter – Zukunftshoffnung und Gegenwartsprobleme
Sachsen verfügt mit dem Silicon Saxony über eines der größten Cluster für Mikroelektronik, IT, Forschungsinstitute und Hochschulen [1]. Erst vergangenes Jahr wurde bekannt gegeben, dass von Bundesseite drei Milliarden Euro zur Schaffung zweier neuer Großforschungszentren investiert werden: dem „Deutschen Forschungszentrum für Astrophysik“ in der Lausitz sowie dem „Center for the Transformation of Chemistry“ im mitteldeutschen Braunkohlerevier [2]. Nun gibt es noch zwei weitere positive Nachrichten zum Wachstum des Silicon Saxony. Das in Dresden ansässige Start-up Sunfire befindet sich aktuell in einer Finanzierungsrunde, wodurch das Unternehmen mit mehr als einer Milliarde Euro bewertet werden könnte [3]. Sunfire stellt Elektrolyseure her, mit denen grüner Wasserstoff als solcher oder im Gemisch mit Kohlenstoffmonoxid als Synthesegas hergestellt werden kann [4]. Damit sollen zukünftig fossile Brennstoffe abgelöst und durch umweltfreundliche Alternativen ersetzt werden. Außerdem wurde bekannt gegeben, dass der Halbleiter-Hersteller Infineon im zweiten Halbjahr 2023 mit dem Bau eines neuen Werks beginnen wird. Durch die Zustimmung des Bundeswirtschaftsministeriums unter Robert Habeck kann das Projekt frühzeitig starten [5]. Das Projekt wird mit fünf Milliarden Euro die größte Einzelinvestition von Infineon und soll 1.000 neue Arbeitsplätze in Dresden schaffen [6]. Wir begrüßen die Erweiterung des Silicon Saxony und verstärkte Investitionen in Sachsen und die anderen ostdeutschen Bundesländer. Die Technologien, die durch Unternehmen wie Infineon oder Sunfire hergestellt und weiterentwickelt werden, sind Treiber von Innovationen und werden weiter an Bedeutung gewinnen. Darüber hinaus treiben derartige Investitionen den Strukturwandel im Osten Deutschlands voran und bieten Perspektiven hinsichtlich der Nutzung der ehemaligen Braunkohlegebiete. Allerdings gibt es auch für diese Entwicklung Kritik. Infineon hofft für den Bau der neuen Fabrik auf eine Milliarde Euro vom Bund, die aus dem European Chips Act kommen soll. Unabhängig von der Tatsache, dass der Chips Act noch nicht beschlossen wurde, sehen wir das öffentliche Fördervolumen in Höhe von 20 % der Gesamtinvestition als kritisch an, auch wenn damit potentielle Abhängigkeiten bspw. von asiatischen Ländern reduziert werden können. Zudem gibt es Befürchtungen, dass Infineon mit dem neuen Werk Überkapazitäten schaffen könnte, die im Falle eines wirtschaftlichen Abschwungs schwerwiegende Folgen für das Unternehmen und den gesamten Standort haben könnten [6]. Zudem verschlingt die Produktion enorme Ressourcen. Je kleiner und entwickelter der zu produzierende Chip, umso mehr Wasser wird verbraucht und umso höher die CO2-Emissionen. Mit der Zeit sind jedoch auch Fortschritte, insbesondere im Hinblick auf den Stromverbrauch und Bemühungen bei der Wassereinsparung, zu beobachten [7]. Trotzdem fordern wir von den entsprechenden Stellen sowohl auf Landes- und Bundesebene als auch auf Seiten von Infineon, den Energie- und Wasserverbrauch sowie die Auswirkungen auf die Umwelt transparent zu kommunizieren und kritisch zu beobachten. Darüber hinaus sollen innovative Lösungen zur Reduktion des Verbrauchs gefunden und Maßnahmen zum Ausgleich der negativen Effekte auf die Umwelt getroffen werden. Ebenso fordern wir weitere Investitionen in konkrete Projekte für einen effektiven Strukturwandel und die künftige Nutzung der ehemaligen Braunkohlegebiete. [1] Silicon Saxony. Über uns – Verein, abgerufen Februar 2023 [2] Mitteldeutscher Rundfunk (MDR), 2022. Milliarden-Investitionen in Forschungszentren in Sachsen und Sachsen-Anhalt [3] Handelsblatt, 2023. Wasserstoff-Start-up steht vor Milliardenbewertung [4] Sunfire. Startseite – RenewablesEverywhere, abgerufen Februar 2023 [5] Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ), 2023. Infineon baut neue Fabrik in Dresden [6] Handelsblatt, 2023. Bund macht Weg frei für Rekordinvestition von Infineon [7] Euractiv, 2022. Katastrophale Umweltschäden bei Halbleiterproduktion von EU-Kommission ignoriert

Das Leben schließt dich mit HIV nicht aus – die Universität schon!
HIV ist bereits seit mehreren Jahrzehnten als das Virus bekannt, welches die Krankheit AIDS auslöst. Infizierte Menschen können zwar bislang nicht geheilt werden, jedoch ist das Virus im Alltag nicht übertragbar. Außerdem wird in diesem Bereich mit Erfolg geforscht: Die Behandlungsmöglichkeiten werden immer besser, und durch die Einnahme von Tabletten kann man trotz Infektion bereits heute ein langes und gutes Leben führen [1]. Das Leben schließt einen Menschen mit HIV also nicht aus – außer er will an der Universität Marburg studieren: Einem Studenten der Zahnmedizin wurde dort die Teilnahme an Kursen untersagt, da er angeblich eine Gefahr für seine Kommilitonen und zukünftige Patienten darstelle. Dieser Entscheidung der Universität gingen eine arbeitsmedizinische Eignungsuntersuchung und demütigende Befragungen durch die Betriebsärztin voraus [2]. Der Student wurde zunächst für ein Jahr ausgeschlossen und musste regelmäßig Tests vorlegen, deren Kosten er selbst zu tragen hatte. Da er dem nicht mehr nachkam, erhielt er keine Eignungsbescheinigung. Das Verwaltungsgericht urteilte zugunsten des Studenten, der Hessische Verwaltungsgerichtshof hingegen gab der Universität recht [2]. Ähnlich unterschiedliche Ansichten gibt es in der Studentenschaft der Universität Marburg. Für uns stellt der Ausschluss eines HIV-positiven Studenten eine unzulässige Diskriminierung dar. Das Leben mit dem Virus ist möglich, denn HIV-Erkrankte stellen im Alltag keine Gefahr für ihre Mitmenschen dar. Der geschilderte Fall zeigt eindrücklich, dass eine stärkere Aufklärung über und Entstigmatisierung von HIV dringend nötig sind. Unsere Haltung ist klar: Studenten müssen ihrem Studium frei von Diskriminierung jeder Art nachgehen können. Dementsprechend fordern wir, dass der betroffene Student sein Studium ungestört fortsetzen darf – und dass sich die Universität Marburg bei ihm entschuldigt! [1] Deutsche Aids-Hilfe. HIV / Aids, abgerufen Februar 2023 [2] Hessenschau, 2022. Mitten im Zahnmedizin-Studium: Uni Marburg schließt HIV-positiven Studenten aus

EuGH bestätigt wissenschaftlich zweifelhafte Regulierung von gezielter und ungezielter Mutagenese
2018 fällte der EuGH ein für Wissenschaftler überraschendes Urteil: Pflanzen, die durch gezielte Mutagenese (Erzeugung von Mutationen) kultiviert wurden (z. B. durch Genome Editing), gelten als gentechnisch verändert und müssen in der EU zugelassen sowie entsprechend gekennzeichnet werden. Pflanzen, bei denen ungerichtet Mutationen durch Strahlung oder den Einsatz erbgutverändernder Chemikalien erzeugt wurden, sind hingegen von der Gentechnikregulierung ausgenommen und müssen weder zugelassen noch gekennzeichnet werden. Der EuGH hat nun am 07.02.2023 bestätigt, dass diese Ausnahme auch dann gilt, wenn die ungerichtete Mutagenese bei Pflanzenzellen angewendet wird, aus denen anschließend ganze Pflanzen regeneriert werden [1]. Dieselben Mutationen in Pflanzenzellen können aber auch durch Genome Editing gezielt erzeugt werden. Werden durch Genome Editing nur einzelne oder wenige DNA-Bausteine im Erbgut der Pflanzen verändert, unterscheiden sich diese Veränderungen nicht von Mutationen, die durch ungerichtete Mutagenese ausgelöst werden können. Genome Editing bietet aber den Vorteil, dass die Position, an der eine Mutation erzeugt werden soll, gezielt bestimmt werden kann. Wir als Partei der Humanisten fordern eine rationale Bewertung genetisch veränderter Organismen nach ihren Eigenschaften statt nach der Entwicklungsmethode. Die Ausnahmeregelung für ungerichtete Mutagenese sollte auch für Organismen gelten, die durch Genome Editing erzeugt wurden, sofern dadurch keine Fremd-DNA eingefügt wird. Gezielte und ungezielte Mutagenese rechtlich unterschiedlich zu bewerten, ergibt wissenschaftlich keinen Sinn. Durch das Erzeugen von Organismen, die z. B. besser an den Klimawandel angepasst oder ertragreicher sind, kann Grüne Gentechnik einen wichtigen Beitrag zur globalen Ernährungssicherung leisten. [1] Legal Tribune Online, 2023. Gentechnisch veränderte Organismen: EuGH gewährt Ausnahme für In-vitro-Zufallsmutagenese

Corona: Gekommen, um zu bleiben? Der Weg von der Pandemie zur Endemie
Rückblick Als Partei der Humanisten ist es uns wichtig, unseren Standpunkt immer wieder aufs Neue zu hinterfragen, insbesondere wenn sich Rahmenbedingungen ändern oder neue Erkenntnisse ergeben. Zudem verfolgen wir stets sehr aufmerksam, wie sich der Konsens der Experten bei einem Thema entwickelt – so auch bei dem Thema Corona. Hierzu möchten wir im Folgenden den aktuellen Stand analysieren und ein vorläufiges Fazit ziehen. Im Januar 2020 bestätigte das Robert Koch-Institut die erste Corona-Infektion in Deutschland. Um die Ausbreitung des Virus einzudämmen, wurden im März 2020 durch die Bundesregierung eine Quarantänepflicht für Einreisende und umfassende Kontaktbeschränkungen beschlossen. Die im internationalen Vergleich geringe Sterblichkeit, flächendeckende Testkapazitäten sowie der rasche Ausbau von Beatmungsplätzen fanden in den Medien Anerkennung [1]. Im Dezember 2020 gingen die Inzidenzen nach der Verhängung eines „harten“ Lockdowns allmählich wieder zurück. Bund und Länder verständigten sich darauf, bei einer Sieben-Tage-Inzidenz von unter 35 die Kontaktbeschränkungen zu lockern. Ab März 2021 breitete sich in Deutschland jedoch die ansteckendere Variante B.1.1.7 – besser bekannt als Delta – aus, wodurch die Inzidenzen wieder anstiegen. Parallel zu dieser Entwicklung startete im Dezember 2020 die Impfkampagne. Bis November 2022 wurden in Deutschland rund 64 Mio. Menschen gegen COVID-19 geimpft. In Kombination mit der seit Januar 2022 vorherrschenden Omikron-Variante, die zwar äußerst ansteckend ist, meist jedoch etwas mildere Verläufe zur Folge hatte, ging die Zahl der belegten Intensivbetten, vornehmlich dank der Impfquote, zurück. Die bundesweiten Maßnahmen zur Eingrenzung der Pandemie liefen im April 2022 aus. Seitdem gibt es in Deutschland keine bundesweit geltenden Kontaktbeschränkungen und keine allgemeine Maskenpflicht mehr. Die aktuelle Lage Trotz aktuell noch immer hoher Infektionszahlen scheint die Zahl der schweren Verläufe bei COVID-19-Erkrankungen bundesweit abzunehmen. Auch wenn es nach wie vor Regionen gibt, die unter einer hohen Auslastung der Intensivbetten leiden, so ist diese Auslastung großteils auf eine Rückkehr anderer Atemwegserkrankungen und sonstige Gründe zurückzuführen, nur zu einem geringen Teil auf SARS-CoV-2. Dies deutet auf eine Grundimmunisierung in der deutschen Bevölkerung hin, die schwere Verläufe mit intensivmedizinischer Therapie zur Seltenheit macht – ein Erfolg, den wir zu einem großen Teil den verabreichten Impfstoffen zu verdanken haben. Auch wenn einige Varianten den Impfschutz überwinden und so dennoch zu einer Infektion führen können, hat sich gezeigt, dass die Impfstoffe über alle Varianten hinweg wirksam vor schweren Verläufen schützen [2]. In Anbetracht dieser Situation erscheinen harte Einschränkungen des öffentlichen Lebens, wie Schließungen in der Gastronomie und Kontaktbeschränkungen, nicht mehr angemessen. Weniger drastische Maßnahmen, beispielsweise die Maskenpflicht in öffentlichen Verkehrsmitteln, können jedoch – zumindest befristet – sinnvoll bleiben. Solche Maßnahmen müssen nüchtern in Anbetracht der jeweils aktuellen Situation bewertet werden. Dennoch können Entwicklungen wie das Auftauchen neuer Varianten das Infektionsgeschehen sehr schnell negativ beeinflussen. Die Gesundheitsbehörden sind daher in der Pflicht, wachsam zu bleiben und die Entwicklung der Infektionen weiterhin genau zu beobachten. Dies betrifft besonders die Geschehnisse in Infektionshotspots im Ausland wie kürzlich in China. In diesen Fällen müssen die Behörden weiterhin über die notwendigen Werkzeuge verfügen, um eingreifen zu können. Hierzu zählt unter anderem die Möglichkeit, Quarantänefristen für Reisende aus besonders betroffenen Regionen der Welt verhängen zu können. Aber auch weitere Infektionsschutz- und -präventionsmaßnahmen müssen die Gesundheitsämter in der Hinterhand halten, um der nächsten Pandemie zuvorzukommen. Fazit Die vergangenen drei Jahre haben gezeigt, dass das deutsche Gesundheitswesen im weltweiten Vergleich durchaus passabel abschneidet. Sparzwänge und ineffiziente Bürokratie haben allerdings auch ihre Schwächen aufgezeigt. Insbesondere bei der personellen Kapazität von Krankenhäusern und Pflegebetrieben sehen wir immer noch dringenden Handlungsbedarf – auch angesichts des sich verschärfenden demografischen Wandels. Die in der Pandemie weiterentwickelten genbasierten Impfstoffe bieten viele Vorteile und neue Möglichkeiten. So werden keine Viren, sondern lediglich genetische Informationen mit der Impfung verabreicht. Diese lösen dieselbe Abwehrreaktion aus wie Viren, sind aber ungefährlich. Darüber hinaus können in kürzerer Zeit größere Mengen von mRNA-Impfstoffen produziert werden [3]. Insofern sind genbasierte Impfstoffe ein Lichtblick für die Medizin der nächsten Jahrzehnte und werden noch weitere Durchbrüche ermöglichen. Alles in allem kann man davon ausgehen, dass wir die pandemische Corona-Lage allmählich verlassen. Massive Einschränkungen gehören damit der Vergangenheit an. Trotzdem hat die Corona-Pandemie eindrücklich gezeigt, dass wir unsere Wirtschaft und unser Gesundheitswesen robuster aufstellen müssen, um für zukünftige Herausforderungen besser gewappnet zu sein. Die Entwicklungen in den Bereichen Digitalisierung, Forschung und Pandemie-Monitoring, die in den letzten beiden Jahren stattfanden, stellen eine gute Grundlage für die Bewältigung künftiger Krisen dar. Trotz wichtiger Errungenschaften gibt es aber nach wie vor große Lücken im Gesundheits- und Bildungswesen sowie im Bereich der Digitalisierung, die dringend gefüllt werden müssen, um wirklich gestärkt aus der Krise hervorzugehen. Das Ausmaß und die Dauer der Pandemie, die Neuartigkeit der Bedrohung, die zahlreichen unterschiedlichen Maßnahmen (manche sinnvoll, manche im Rückblick nicht) haben in der Gesellschaft für eine starke Unruhe und Verunsicherung gesorgt, teilweise zu intensiven Streitigkeiten und sogar zur Gründung einer neuen Partei geführt, deren Hauptzweck es war, alle Maßnahmen zu beenden. Wir rufen alle Seiten – insbesondere die extremeren – zur Mäßigung auf. Das bedeutet: Es findet einerseits eine gesamtgesellschaftliche Entspannung in Bezug auf das Tragen von Schutzmasken statt. In Ländern wie z. B. Japan ist dies schon länger der Fall. Es ist eine sinnvolle Maßnahme, für die sich Menschen entscheiden, wenn sie sich und andere schützen wollen. Wir verurteilen aufs Schärfste, wenn jemand dafür angegangen oder sogar bedroht wird. Masken gehören nun zum normalen Straßenbild, genauso wie Regenjacken bei schlechtem Wetter. Andererseits ist es in der aktuellen Lage nachvollziehbar, eben keine Maske zu tragen – diese Entscheidung ist jetzt jedem selbst zu überlassen. Auch dafür sollte niemand verurteilt werden. Falls man selbst gerade eine ansteckende Krankheit hat, sollte es aber selbstverständlich sein, beim Zusammentreffen mit anderen Menschen in Innenräumen oder im ÖPNV eine Maske zu tragen. Zuletzt möchten wir noch einmal betonen, welche herausragende Rolle die wissenschaftliche Forschung und Entwicklung in dieser Krise gespielt hat. Es wurden unter Zeitdruck sehr hilfreiche Impfstoffe entwickelt, die auf neuesten Technologien basieren. Das war ein großer Erfolg und gibt uns Hoffnung auch für die Bewältigung weiterer Pandemien. We fucking love science! [1] Wikipedia. COVID-19-Pandemie in Deutschland, abgerufen Februar 2023. [2] Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ), 2022. Drosten hält Corona-Pandemie für beendet. [3] Tagesschau, 2020. Chancen und Gefahren der Gen-Impfstoffe.

Beitrag zu einer sicheren Ernährung in Kenia
Die Welt verändert sich – unter anderem aufgrund des Klimawandels und der wachsenden Weltbevölkerung. Dies wird vor allem in Regionen der Welt deutlich, die sowieso schon mit schwierigen landwirtschaftlichen und klimatischen Bedingungen zu kämpfen haben. Neben Fortschritten in der Zucht bieten auch moderne biotechnologische Verfahren die Möglichkeit, Pflanzen an die sich verändernden klimatischen Bedingungen anzupassen. In vielen Ländern der Welt werden gentechnisch veränderte Pflanzen angebaut, die neben der konventionellen und ökologischen Landwirtschaft einen wichtigen Beitrag zur Ernährungssicherheit leisten. Leider haben westliche NGOs dazu beigetragen, dass in Afrika vergleichsweise wenige genetisch veränderte Pflanzen getestet und eingesetzt wurden. Dabei wird Afrika immer wieder von Dürren heimgesucht, die regelmäßig zu Hungersnöten führen. Die Kritik westlicher NGOs wird von einigen als anmaßend wahrgenommen, weil sie von geringem Respekt für die Souveränität afrikanischer Länder zeugt [1]. Der nun genehmigte Anbau von MON810, einer insektenresistenten Maislinie, im von Dürren gebeutelten Kenia kann einen wichtigen Beitrag zur sicheren Ernährung der lokalen Bevölkerung leisten und die kenianische Nahrungsversorgung resilienter gegen Ernteausfälle machen [2-3]. Wir als Partei der Humanisten befürworten einen technologieoffenen Ansatz, um eine ausreichende und ausgewogene Ernährung überall auf der Welt zu gewährleisten. Gerade in Zeiten des beschleunigten Klimawandels sehen wir eine große Chance in der grünen Gentechnik, um unsere Landwirtschaft schneller an die sich ändernden Bedingungen anzupassen. [1] https://www.replanet.ngo/post/africa-should-speak-for-itself-on-gmos [2] https://news.agropages.com/News/NewsDetail—44239.htm [3] https://www.kbc.co.ke/scientists-call-for-de-politicisation-of-agricultural-biotechnology/

Neue Ethikrichtlinien der „Nature“ – Wunderpille gegen Racial Bias oder Ende der freien Wissenschaftspresse?
Wenn ein Fachartikel in einer wissenschaftlichen Zeitschrift veröffentlicht werden soll, durchläuft dieser in der Regel zwei Phasen der fachlichen Prüfung. Die erste Phase bezeichnet man als „Editorial Review“ der Fachzeitschrift, in welcher die grundlegenden Anforderungen des Artikels durch Editoren/Herausgeber der Publikation geprüft werden. Wenn das Editorial Review den Fachartikel als zulässig bewertet, schließt sich die zweite Phase, das „Peer Review“, an. Hierbei wird der Artikel von einer Auswahl von externen Spezialisten aus dem jeweiligen Fachgebiet kritisch begutachtet und nach den Regeln der guten wissenschaftlichen Praxis bewertet [1]. Dabei kann der Reviewer den Artikel nicht nur ablehnen oder annehmen, sondern kann zunächst kleinere (Minor Reviews) oder größere Korrekturen (Major Reviews) einfordern. Dieser Review-Prozess kann mehrfach durchlaufen werden und soll eine hohe Qualität der wissenschaftlichen Publikationen sicherstellen. Trotz aller Sorgfalt verhindert dieses System nicht gänzlich Bewertungsfehler, die auf Ethnical Bias oder Gender Bias beruhen. Von Bias spricht man, wenn die Bewertung von Tatsachen durch eine subjektive Haltung des Bewertenden zu (Un-)Gunsten einer Gruppe beeinflusst wird. Im Deutschen könnte man alternativ auch von „gruppenspezifischen Vorurteilen“ sprechen. Die Gruppen, auf die sich diese Vorurteile beziehen, können dabei vielfältig sein und deren Auswahl hängt maßgeblich von der Persönlichkeit der bewertenden Person ab. Häufig beziehen sich solche gruppenspezifischen Vorurteile auf die Ethnie, die Herkunft, das Geschlecht oder die wirtschaftliche Stellung von Personen. Bei Studien können sich solche Bias zum Beispiel bei der Auswahl der Probanden und der Identifikation von aussagekräftigen Vergleichsgruppen im Studiendesign auswirken. Bei der Auswertung von Ergebnissen können so im schlimmsten Fall sogar Zusammenhänge gänzlich übersehen werden. Problematisch werden solche Bias im Peer-Review-Verfahren in der Regel immer dann, wenn sie sich häufen und dadurch die Fachartikel durch ein negatives Votum durchfallen. Als Positivbeispiel lässt sich die Änderung hin zur Nutzung von Crashtest Dummies nach männlichen und weiblichen Körpermodellen heranziehen, welche die Identifikation von individuellen Verletzungsrisiken ermöglicht [2]. Ein Bias muss nicht zwingend durch eine fehlerhafte Forschungsmethodik entstehen, sondern kann sehr wohl auch im Review-Prozess auftreten. So kommt es vor, dass diese Experten selbst einem Bias unterliegen und eine Publikation bspw. aus rassistischen Motiven abgelehnt wird [3]. Das bekannteste und meistzitierte wissenschaftliche Journal „Nature“ veröffentlichte zu diesem Hintergrund eine neue ethische Richtlinie [4], welche unter dem Motto „Research must do no harm“ vor potenziell schädlichen Veröffentlichungen schützen soll. Hierbei verfolgt „Nature“ das Ziel, bereits veröffentlichte vermeintlich verletzende Artikel zu markieren oder gar deren Veröffentlichung komplett zu verhindern. Hierbei behält sich die Zeitschrift vor, als potenziell verletzend eingestufte Artikel nicht nur abzulehnen, sondern auch bestehende Artikel zu korrigieren, abzuändern und zurückzunehmen („decline […] correct, retract, remove or otherwise amend already published content“) [5]. Die Praxis der „Nature“, die Veröffentlichung von Fachartikeln von einzelnen Editoren abhängig zu machen, deren Bewertung auf ihrer eigenen Forschungsethik basiert, halten wir für bedenklich. Während wir eine Kennzeichnung und Einordnung von problematischen Inhalten positiv bewerten, stehen wir einer inhaltlichen Änderung von existierenden Artikeln kritisch gegenüber. Ein Journal darf nicht als moralische Instanz der Forschungs- und Wissenschaftsfreiheit entgegenstehen. Ohne Frage sollte Wissenschaft weder bewusst noch unbewusst Schaden anrichten. Wir sehen die Lösung solcher Probleme in der Auseinandersetzung mit und Reduktion von Bias im Peer-Review-Verfahren. So ist die Auswahl der Peer Reviewer aktuell wenig transparent. Die ethische und demografische Zusammensetzung lässt sich als Forscher wie auch als Rezipient nicht feststellen und häufig sind die Peer Reviewer auch nach der Publikation nicht einsehbar. Hier kann durch das Benennen der Reviewer mehr Nachvollziehbarkeit und Transparenz geschaffen werden. Tatsächlich gibt es nicht einmal eine allgemeine Richtlinie, ab wann ein Forscher als Reviewer eingesetzt werden kann. Tendenziell kann also, wenn die Herausgeber wollen, jeder – auch fachfremde Forscher – einen Artikel begutachten und akzeptieren oder ablehnen. Durch die gelebte Praxis der Verlage, Gutachtern keinen finanziellen Ausgleich für die aufgewandte Arbeit zu gewähren, hält sich die Motivation vieler Reviewer in Grenzen, was wiederum das Auftreten von Bias fördert. Im Falle von Rassismus und anderer Bias während des Peer-Review-Prozesses gibt es als Forscher häufig keine Möglichkeit, diesen anonym an das Journal zu melden. [3] Als Bestandteil der guten wissenschaftlichen Praxis fordern wir eine aufgeklärte und selbstreflektierte Arbeitsweise der Reviewer im Umgang mit Bias-Problemen. Die Verlage sehen wir in der Pflicht, die passenden Grundlagen in der Reviewerschaft zu schaffen, um eine heterogene, weniger anfällige Gruppe von Gutachtern aufzubauen und so Bias zu minimieren. Ein Baustein einer kurzfristigen Lösung könnte sein, Reviewer für ihre Tätigkeit professionell zu schulen und auch finanziell zu entlohnen. Zusätzlich können durch die Einrichtung anonymer Beschwerdemöglichkeiten bestehende Probleme aufgedeckt werden. Quellen: [1] https://www.dfg.de/foerderung/grundlagen_rahmenbedingungen/gwp/ (29.06.2022) [2] https://www.dfg.de/download/pdf/foerderung/grundlagen_dfg_foerderung/vielfaeltigkeitsdimensionen/stellungnahme.pdf (29.06.2022) [3] Karvonen, K.L., Bonachea, E.M., Burris, H.H. et al. Addressing bias and knowledge gaps regarding race and ethnicity in neonatology manuscript review. J Perinatol (2022). https://doi.org/10.1038/s41372-022-01420-7 [4] https://www.nature.com/articles/d41586-022-01607-0#Echobox=1655216887 [5] https://www.nature.com/nature-portfolio/editorial-policies/ethics-and-biosecurity (29.06.2022)

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PLURV ist ein Akronym für häufige Techniken der Wissenschaftsleugnung oder argumentativen Fehlern – wir klären auf!