Bayerisches Wahlsystem – Möge die Macht bei den Großen bleiben!

Bayern hat eines der komplexesten Wahlsysteme in Deutschland, was zur Folge hat, dass zu den Landtags- und Bezirkswahlen deutlich weniger Parteien antreten können als in anderen Bundesländern. Während in fast allen anderen Bundesländern eine Liste für das gesamte Land aufgestellt wird, muss in Bayern für jeden Bezirk eine eigene Liste aufgestellt werden [1]. Dies wäre nicht weiter tragisch, doch muss auch jede einzelne Liste legitimiert werden. Das bedeutet, dass alle Parteien, die bei der vorherigen Wahl nicht mindestens 1,25% der gültigen Stimmen erhielten, Unterstützerunterschriften sammeln müssen. Gefordert ist eine Unterschrift pro tausend Einwohner pro Bezirk, mit der Ausnahme von Oberbayern, wo es auf 2.000 Unterschriften gedeckelt ist [2]. Insgesamt müssen also für nicht etablierte Parteien jedes Mal rund 8.500 Unterschriften gesammelt werden. Zum Vergleich: Bei der Bundestagswahl sind das für ganz Bayern „nur“ 2000 Unterschriften. Für Kleinparteien, deren personelle und finanzielle Ressourcen im Gegensatz zu den großen, vom Staat finanziell unterstützten Parteien stark limitiert sind, eine kaum zu stemmende Hürde [3]. Um in Bayern überhaupt in einem Bezirk mit einer Liste antreten zu dürfen, wird in jedem Bezirk mindestens ein Direktkandidat benötigt [4]. Allein dieser Umstand sorgt dafür, dass viele Parteien vom Wahlzettel verschwinden, denn einen Direktkandidaten aufzustellen, ist gar nicht so einfach. Die sogenannten Stimmkreise für Direktkandidaten sind nur etwa halb so groß wie bei der Bundestagswahl [5] und für die Aufstellung des Kandidaten werden mindestens drei aktive Mitglieder aus diesem Kreis benötigt [6], welche sich zusammenfinden und durch einen riesigen Haufen bürokratischer Dokumente arbeiten dürfen. Unter diesen drei muss auch noch jemand sein, der sich rein ehrenamtlich und mit wenig Aussicht auf tatsächlichen Erfolg als Direktkandidat unentgeltlich in den Wahlkampf stürzt. Würde man alle 91 Stimmkreise mit einem Direktkandidaten besetzen wollen, wären also mindestens 273 aktive Mitglieder in Bayern nötig, die perfekt homogen über alle Kreise verteilt sein müssten. So werden schon viele Parteien an der Wahlteilnahme gehindert, obwohl sie wie bei Europawahlen oder Bundestagswahlen auch mit einer Liste antreten könnten. Weitere interessante Punkte, welche Alleinstellungsmerkmale des bayerischen Wahlsystems sind, sind der Wahlzettel und die Stimmenauszählung. So werden Stimmen für Direktkandidaten mit den Zweitstimmen zu einer Gesamtstimmenzahl verrechnet. Dadurch ist es möglich, dass eine Partei zwei Stimmen von einem Wähler erhält. Der Bayerische Landtag schreibt dazu: „Durch die Auszählung der Gesamtstimmen geht (anders als bei der Bundestagswahl) Ihre Erststimme nicht „verloren“, wenn Ihr Direktkandidat nicht gewinnt – beide Stimmen zusammen ergeben das Endergebnis“ [7]. Dass dafür aber die Hürden für kleinere Parteien noch höher gelegt werden, wird nicht erwähnt. Bayern hat zudem eine Fünf-Prozent-Hürde, jedoch ohne eine Ausnahmeklausel wie bei der Bundestagswahl, welche auch den Einzug bei mindestens drei gewonnenen Direktmandaten erlaubt [7]. Durch die Schwierigkeit, überhaupt in jedem Bezirk, geschweige denn in jedem Stimmkreis einen Direktkandidaten aufstellen zu können (s.o.), wird diese Hürde noch schwerer erreichbar als z.B. bei der Bundestagswahl. Dasselbe gilt für die ersehnte Parteienfinanzierung, die bei 0,5 % liegt, unter der Bedingung, dass man in allen Stimmkreisen einen Direktkandidaten hat. Je weniger Direktkandidaten man hat, desto höher ist de facto die Hürde. Die Partei der Humanisten wird bei der kommenden Landtagswahl mit 15 bis 18 Direktkandidaten antreten. Für 15 (bei angenommener gleichmäßiger Einwohnerzahl in allen Stimmkreisen) existiert für uns also eine Hürde von 0,92 % für die Parteienfinanzierung und von 9,2 % für den Einzug ins Parlament. Es gibt noch viele weitere Punkte, welche Kleinparteien die Wahlteilnahme sowie den Einzug ins Parlament erschweren, doch die oben genannten sind die wesentlichen. Für uns ist dies ein untragbarer Zustand, denn er sorgt dafür, dass ein politischer Wechsel kaum möglich ist und damit die Demokratie direkt Schaden nimmt. Demokratie lebt vom Mitbestimmungsrecht der Menschen und der Aussicht auf Veränderung, stattdessen werden ihnen viele Gründe geliefert, nicht ihre bevorzugte Partei zu unterstützen, sondern eine der etablierten und dadurch ein „Weiter so“ zu fördern. Wir fordern ein Ende dieses fast schon undemokratischen Wahlsystems. So sollte die Anzahl der benötigten Unterstützerunterschriften für jeden Bezirk gesenkt werden, um dem Wähler möglichst viele Parteien zur Auswahl zu geben, weiterhin sollten die etablierten Parteien ebenfalls diese Unterschriften sammeln müssen. Dadurch soll Gleichberechtigung hergestellt werden. Außerdem fordern wir, dass die Zusammensetzung des Landtags sich wie bei der Bundestagswahl nach dem Zweitstimmenergebnis richtet. Um noch mehr Demokratie zu schaffen, sollte das Konzept einer Präferenzstimme eingeführt werden. Wenn sich ein Bürger unsicher ist, ob seine bevorzugte Partei ins Parlament einzieht, so könnte er – auf dem Wahlzettel mit einer extra Spalte – eine Ersatzstimme abgeben, welche dann dieser Partei zugerechnet würde. So „verschenkt“ kein Bürger seine Stimme, wenn er eine neue oder Kleinpartei wählt.  Es ist Zeit, unser System zu reformieren! Bist du dabei? PS: Für Unterfranken, Mittelfranken, Oberfranken und Oberbayern kannst du bereits in Bayern unterschreiben, sodass wir mit deiner Hilfe auf den Wahlzettel kommen! https://www.pdh.eu/uu/?lv=by Quellen: [1] Landeswahlgesetz Bayern. Art. 5: Wahlkreis, Stimmkreis, Stimmbezirk Landeswahlgesetz Bayern. Art. 26: Einreichung der Wahlkreisvorschläge [2] Landeswahlgesetz Bayern. Art. 27: Inhalt und Form der Wahlkreisvorschläge [3] Landeswahlgesetz Bayern. Art. 60: Leistungen an Parteien [4] Landeswahlgesetz Bayern. Art. 27: Inhalt und Form der Wahlkreisvorschläge [5] Landeswahlgesetz Bayern. Anlage zu Art. 5, Abs. 4: Stimmkreiseinteilung für die Wahl zum Bayerischen Landtag Bundeswahlleiter. Bundestagswahl 2021: Einteilung der Wahlkreise [6] Landeswahlgesetz Bayern. Anlage 8 zu Art. 31, Abs. 4, Nr. 3: Niederschrift über die Aufstellung des Stimmkreisbewerbers/der Stimmkreisbewerberin [7] Bayerische Landtag. Unser Wahlsystem, abgerufen am 30.09.2022

Korruption: Nicht überall läuft es wie geschmiert

Auch wenn Korruption mittlerweile im Wesentlichen im Strafgesetzbuch geregelt ist, soweit es die freie Wirtschaft, die Verwaltung sowie das Gesundheitssystem betrifft, so gibt es bezüglich der Mandatsträger noch Handlungsbedarf. Was ist Korruption? Korruption kann man allgemein als den Missbrauch von Einfluss beschreiben. Dieser Missbrauch geschieht, um daraus einen persönlichen Vorteil zu erlangen [2]. Allein im Jahr 2021 wurden in Deutschland 7.433 Fälle von Korruption polizeilich registriert, was einem Anstieg um 34,9 % im Vergleich zum Jahr 2020 entspricht [3]. Zugleich stieg der Anteil der sog. Begleitdelikte, also etwa Betrugs- und Urkundendelikte, aber auch strafbare Absprachen im Wettbewerb, um 10,6 %. Schäden durch Korruption Die Schäden durch Korruption sind vielfältig. Für die Demokratie kann sie zur Gefahr werden, da sie das Vertrauen in diese selbst und ihre Institutionen nachhaltig untergräbt [4]. Sie beeinträchtigt die Qualität des demokratischen Prozesses insgesamt und nicht nur die einzelnen Institutionen, in denen sie auftritt [5]. Insbesondere kann ein hohes wahrgenommenes Korruptionsniveau zu einer Verzerrung des politischen Wettbewerbs und damit einer Störung der Chancengleichheit in der Demokratie führen [6]. Gründe Andererseits ist Korruption für die Akteure, die sie begehen, praktisch. Sie erleichtert die Abwicklung von Geschäften, man kennt einander. Rein (markt-)rational betrachtet ist Korruption also vorteilhaft. Sie erleichtert für den Bestechenden beispielsweise Verwaltungsvorgänge und beschleunigt sie [7]. Zugleich ermöglicht sie finanziell starken Minderheiten, sich Schutz vor Diskriminierung zu „erkaufen“ [8]. Übermäßige Bürokratie führt zu erhöhter Korruption. Diese wiederum führt zu künstlichen Monopolen, die den Wunsch wecken können, sich durch unlautere Mittel daran zu beteiligen [9].  Es gibt also viele Gründe, aus denen heraus Korruption für die betreffenden Akteure eine Handlungsoption sein kann. Die rechtliche Situation Korruption ist in Deutschland strafbewehrt, sofern sie im öffentlichen [10] oder privaten [11] Sektor geschieht. Hinsichtlich der Strafbarkeit von Abgeordneten existiert mit § 108e StGB eine Norm, deren Strafandrohung zuletzt infolge der „Maskendeals“ erhöht wurde. Ebenso wurden im Zuge desselben Gesetzgebungsverfahrens neue Regeln für Abgeordnete in Bezug auf Nebentätigkeiten in das Abgeordnetengesetz aufgenommen [14]. Dennoch bleibt noch viel zu tun. Eine Option wäre es beispielsweise, Nebeneinkünfte von Abgeordneten (anteilig) auf die Diät anzurechnen. Auch über ein Ruhen der Abgeordnetentätigkeit während der Zeit des Ermittlungsverfahrens sollte nachgedacht werden, um langfristig Schäden auch von der Demokratie und ihren Organen abzuwenden. Fazit Korruption ist vielfältig, vielschichtig und komplex. Ihre Bekämpfung ist schwierig, kann aber durch gezielte Maßnahmen, die auch die staatliche Verwaltung betreffen, bekämpft werden. Wichtig ist in jedem Falle, umfassende Transparenz bei der Entscheidungsfindung sicherzustellen und gerade auch im Bereich staatlicher Verwaltung dafür zu sorgen, dass Entscheidungen schnell und effizient getroffen werden können. So können Gründe und Anlässe für Bestechung vermindert werden. Auch wir müssen davon ausgehen, langfristig von diesem Thema nicht verschont bleiben zu können und müssen daher bereits frühzeitig Maßnahmen ergreifen. Deshalb haben wir beschlossen, ein Qualitätsmanagement-System aufzusetzen. Dieses soll neben Wissenstransfer und einheitlichen Prozessen auch mehr Transparenz in unsere Prozesse bringen. Damit wir dieses Ziel besser erreichen können, greifen wir zusätzlich auf externe Hilfe zurück. Richtig durchstarten wollen wir dazu 2023. Wir halten euch auf dem Laufenden. Übrigens – Hier kann man unsere Position zu Transparenz in der Politik nachlesen: https://www.pdh.eu/programmatik/transparenz/ Quellen: [1] https://de.wikipedia.org/wiki/Welt-Anti-Korruptions-Tag [2] https://www.bzst.de/DE/DasBZSt/Korruptionspraevention/korruptionspraevention_node.html [3] Bundeslagebild Korruption 2021, Bundeskriminalamt, S. 4. [4] https://www.transparency.de/fileadmin/Redaktion/Publikationen/2022/Scheinwerfer_95.pdf [5] Olteanu, Tina: Korrupte Demokratie?, Kapitel: Korruption in der Demokratie, https://link.springer.com/content/pdf/10.1007/978-3-531-94351-0_7.pdf [6] Wolf, Sebastian, Korruption und Antikorruption in Politik und Verwaltung, APuZ 19-20/2021 [7] Graeff, Peter, Positive und negative ethische Aspekte von Korruption, SSOAR Info, S. 7-8, https://www.ssoar.info/ssoar/bitstream/handle/document/3783/ssoar-sub-2002-3-graeff-positive_und_negative_ethische_aspekte.pdf?sequence=1 [8] https://www.ssoar.info/ssoar/bitstream/handle/document/3783/ssoar-sub-2002-3-graeff-positive_und_negative_ethische_aspekte.pdf?sequence=1, S. 8 [9] Berger, Jens, Korruption in Europa, Kapitel: Das Phänomen der Korruption, https://link.springer.com/chapter/10.1007/978-3-658-37881-3_2#Sec18 [10] https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__331-334.html [11] https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__299.html [12] BGHSt 57, 202, http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&nr=60679&pos=0&anz=1  [13] Besprechung der Entscheidung unter: https://www.lto.de/recht/hintergruende/h/korruption-bei-kassenaerzten-straflos-und-trotzdem-verboten/ [14] https://dserver.bundestag.de